Caligula: Sensationelle Funde:Das Scheusal vom See

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Archäologischer Knüller: Das jüngst aufgetauchte Kolossalporträt des römischen Kaisers Caligula führt die Archäologen auf ganz neue Spuren. Die Forscher entdecken immer mehr Relikte des Gewaltherrschers - dabei sollten diese schon in der Antike offiziell vernichtet worden sein.

Gottfried Knapp

Von einer archäologischen Sensation zu sprechen, wäre fast untertrieben angesichts der kapitalen Entdeckung, die im vergangenen Halbjahr in den Albaner Bergen südöstlich von Rom im Kraterkessel des Nemisees gemacht wurde.

Die Phantasie des Gewaltherrschers: Beamte der Guardia di Finanza mit den Resten einer riesigen Caligula-Statue. (Foto: REUTERS)

Begonnen hat das Abenteuer im Januar, als die italienische Finanzbehörde in Rom einen Lkw mit verdächtiger Ladung, der in die Schweiz abgehen sollte, beschlagnahmte und die verpackten Steinfragmente einer vom Typus bislang unbekannten, mehr als zweieinhalb Meter hohen Sitzfigur des römischen Kaisers Caligula entdeckte.

Die Stücke waren offensichtlich von Grabräubern erbeutet worden und sollten ins Ausland geschafft werden. Für die zuständigen Archäologen war der Fall schon deshalb von größtem Interesse, weil damit eines jener Kolossalporträts des Gewaltherrschers Caligula ans Tageslicht gekommen war, die nach der Ermordung des Kaisers der damnatio memoriae anheimgefallen, also offiziell zerstört worden waren.

Zum Glücksfall für die Archäologie wurde der Zugriff der Guardia di Finanza aber vor allem dadurch, dass es gelang, von den beiden gefassten Antikenschmugglern, die den Kaiser drei Jahre zuvor ausgegraben hatten, präzise die Fundstelle am Nordostufer des Nemisees zu erfahren. So konnten die Archäologen schon nach ersten Sondierungen an der Fundstelle ein recht präzises Bild der aufgespürten antiken Stätte entwickeln.

Der Monumentalität der figürlichen Reste wegen hatte man anfangs auf ein Mausoleum getippt, doch alle Indizien sprechen dafür, dass die Figur des Jupiter-gleich auf einem prächtig detaillierten Thron sitzenden Kaisers ehedem in der halbrunden Nische eines luxuriös mit hydraulischen Wasseranlagen ausgestatteten Nymphäums postiert war.

Zwei gigantische Schiffe

Der landschaftlich aufregend schöne steile Kraterkessel unterhalb des Städtchens Nemi ist nun also um eine zweite archäologische Sensation reicher. Schon im Mittelalter haben die Einheimischen auf dem Grund des tiefen Kratersees einen Schatz vermutet. Doch erst in den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts ist es gelungen, die beeindruckenden Reste zweier gigantischer römischer Schiffe aus dem Schlick zu heben und in einer eigens dafür errichteten mächtigen Museumshalle zu bergen.

Auch diese beiden Riesenschiffe, die auf dem kleinen See ja kaum navigieren konnten, entstammten der Phantasie Caligulas. Auf dem einen hatte sich der Kaiser einen Diana-Tempel mit Mosaikfußböden und vergoldeten Bronzeziegeln errichten lassen, auf dem anderen einen Wohnpalast mit eingebauter Thermenanlage.

Unter ungeklärten Umständen sind die Schiffe von Nemi im Jahr 1944 bei einem Brand im Museum nahezu restlos vernichtet worden. Nach dem Krieg hat man sich also mit Modellen der Schiffe behelfen müssen. In den kommenden Jahren will man dem Museo delle Navi Romani nun mit spektakulären Fundstücken aus dem nahen Nymphäum neuen Glanz verleihen.

© SZ vom 14.07.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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