SZ-Werkstatt:Nur noch mit Maske

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Interviews kann der SZ-China-Korrespondent Christoph Giesen nur noch mit Mundschutz führen. Zurzeit hält er sich in Hongkong auf. Wieder zurück in Peking, muss er wohl erst einmal zwei Wochen lang zu Hause in Quarantäne bleiben.

Von Christoph Giesen

Bis vor ein paar Monaten noch war es verboten, in Hongkong eine Maske zu tragen. Die Regierung hatte einen amtlichen Vermummungsbann erlassen, eine verzweifelte Maßnahme, um den Protesten und Ausschreitungen in der Stadt Herr zu werden. Wer heute jedoch in Hongkong keine Maske trägt, wird angeschaut, als sei man ohne Hose aus dem Haus gegangen. Die Verunsicherung in Hongkong ist gewaltig. Ohne Mundschutz keine Interviews mehr, keine Gespräche. Und ständig dieselbe Frage: "Wann warst du zuletzt in China?"

In meinem Fall vor knapp einem Monat, seitdem bin ich unterwegs in der Region. Erst in Taipeh, dort haben viele IT-Unternehmen, die in China produzieren, ihren Sitz. Sie merken die wirtschaftlichen Auswirkungen der Krise zuerst. Seit einigen Tagen bin ich nun in Hongkong. Nach Taiwan darf ich nicht mehr zurück. Nur noch die eigenen Bürger werden reingelassen, und selbst diese müssen sich 14 Tage isolieren.

Die Grenzen in Ostasien sind in den vergangenen Wochen sehr undurchlässig geworden. Von China nach Hongkong fahren? Nicht ohne zwei Wochen Selbstquarantäne. Aus Südkorea darf man gar nicht mehr in die ehemalige Kronkolonie einreisen. Das Recherchieren macht das nicht einfacher, man muss nun sehr genau abwägen, in welcher Reihenfolge man in welches Land fliegt.

Beinahe völlig zum Erliegen gekommen ist das journalistische Arbeiten in China selbst, die Behörden haben das soziale Leben auf den Gefrierpunkt heruntergekühlt. In Peking sind die meisten Restaurants geschlossen, die Kinos sowieso, betritt man ein Einkaufszentrum, messen Wachleute die Körpertemperatur, und man muss seine Handynummer und Anschrift angeben. Pressekonferenzen finden oft nur noch online statt. Jede Reise im Land sollte man sich sehr gut überlegen. Wer Peking verlässt, muss sich bei der Rückkehr für zwei Wochen in Quarantäne begeben. Zwei Wochen zu Hause bleiben, niemanden treffen, nichts sehen. Für jeden Reporter ein Horror. Genau das steht mir nach Hongkong wohl bevor.

© SZ vom 29.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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