SZ-Werkstatt:Niemals ohne Armbinde

SZ-China-Korrespondent Christoph Giesen (rechts) in Nordkorea mit seinem staatlichen Begleiter. (Foto: privat)

Chinakorrespondent Christoph Giesen hat Nordkorea schon sechs Mal bereist. Eine beklemmende Erfahrung.

Von Christoph Giesen

In keinem Land der Welt sind Journalisten so eingeschränkt wie in Nordkorea. Das Atomtestgelände besuchen? Die Arbeitslager aufspüren? Unmöglich. Sich klammheimlich davonstehlen? Man käme nicht sehr weit. Es wimmelt nur so vor Uniformierten. Was man letztlich zu sehen bekommt, entscheidet der Staat; wenn man überhaupt einreisen darf.

Wer nach Nordkorea fährt, ist stets Teil einer Delegation. Schon auf dem Vordruck für das Visum muss man angeben, welcher Delegation man angehört. Nordkorea ohne Delegation, das gibt es nicht. Die kleinstmögliche Delegation besteht aus vier Personen: Ein Journalist, ein Fahrer und mindestens zwei staatliche Aufpasser. Sie holen einen nach der Gepäcküberprüfung am Flughafen ab und bringen einen am Abreisetag bis zur Passkontrolle. Zwischendrin weichen sie nicht von der Seite. Alle Hotels, in denen Ausländer übernachten dürfen, haben einen eigenen Begleiter-Trakt.

Am ersten Abend händigen die Aufpasser gerne einen Auszug aus dem nordkoreanischen Strafgesetzbuch aus. Propaganda gegen den Staat wird demnach mit mindestens fünf Jahren Umerziehungslager bestraft. In schweren Fällen sind es gar zehn Jahre. Was genau Propaganda gegen den Staat ist, entscheidet der Staat.

Damit man auf jeden Fall als ausländischer Reporter ausgemacht werden kann, muss man in Nordkorea eine blaue Binde um den Oberarm tragen. "Journalist" steht darauf auf Koreanisch. Das Außenministerium in Pjöngjang gibt den Flor aus für 30 Euro Leihgebühr. Spätestens am Flughafen sammeln die Bewacher die Binde wieder ein - für den nächsten Kollegen.

© SZ vom 21.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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