Babyschwimmen, Kinderyoga, Vorlesestunde in der Public Library am Bryant Park - an Angeboten für kleine Kinder gibt es in New York keinen Mangel. Wen man dort allerdings höchstselten antrifft: Mütter oder Väter. Bis vor wenigen Wochen war ich oft die einzige Mutter, die ihr Baby selbst in die Krabbelgruppe gekarrt hat. Um mich herum nur Nannys und Au-Pair-Mädchen. Ich war New-York-Korrespondentin in Teilzeit, ein Luxus, den sich die meisten Mütter der Metropole kaum vorstellen können.
Neben den USA gibt es nur vier Länder ohne bezahlten Mutterschutz: Lesotho, Liberia, Papua-Neuguinea und Swasiland. Inzwischen zahlen zwar etliche Unternehmen ihren Angestellten eine gewisse Zeit lang das Gehalt einfach weiter, wenn sie mit dem Neugeborenen zu Hause bleiben. Das gilt aber nur für die Mitarbeiterinnen mit den Topjobs, die sie nicht verlieren wollen. Und es handelt sich meist nur um drei bis vier Monate Kulanz-Elternzeit. Danach zwängen die Neu-Mütter ihre noch nicht ganz flachen Bäuche zurück in die Hosenanzüge und schleppen ihre Milchpumpen ins Büro. Die Kinder bleiben bei den Nannys. Die Sache hat zwei Seiten: Working Moms sind in New York ganz normal. Jedes größere Büro hat Lactation Rooms, in den man Milch abpumpen kann. Für jedes Baby gibt es Kinderbetreuung, die im Monat gern 2500 Dollar oder mehr kostet. Für den Begriff "Rabenmutter" gibt es keine Übersetzung. Kind und Karriere? Normal. Allerdings haben die meisten Frauen keine Wahl. Sie müssen kurz nach der Geburt wieder arbeiten, sonst ist der Job weg.
Seit kurzem bin ich nun Vollzeit im SZ-Turm in München und leite das Team von Plan W, das Frauen-Wirtschaftsmagazin der SZ, es liegt dieser Samstagsausgabe bei. Mein Mann kümmert sich um unseren Sohn. In den vergangenen Tagen habe ich oft dieselbe Frage gehört: "Und wo ist Ihr Baby gerade?": Inklusive der hochgezogenen Vorwurfs-Augenbraue. In New York hören Mütter diese Frage selten, ist doch davon auszugehen, dass der Nachwuchs beim Babyschwimmen oder im Kinderyoga ist - mit der Nanny.