SPD:Sie schwindet dahin

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Nach der Wahl in Hessen benennen die Leser Missstände bei der SPD. Sie habe ihre Seele verloren, schreibt einer. Ein anderer wünscht sich, dass die Partei stärker die Ziele des demokratischen Sozialismus in den Mittelpunkt stellt.

" Debakel für CDU und SPD" vom 29. Oktober und weitere Artikel zur Landtagswahl in Hessen:

Die Ziele vergessen

Alle paar Monate die Führung auszutauschen bringt nichts, solange das große Ziel, die Daseinsberechtigung der Sozialdemokratie, nicht mehr klar erkennbar ist. Für diejenigen, die die Gründe vergessen haben sollten, wofür der demokratische Sozialismus kämpft, wiederhole ich sie gerne: 1. Die Versöhnung von Leben und Arbeit. 2. Die gerechte Verteilung des gemeinsam erwirtschaften Wohlstands, sodass jeder und jede gut leben kann. 3. Ein Gemeinwesen, in dem sich keiner über den anderen erheben darf, weil der andere anders ausschaut, spricht, denkt oder glaubt. Und über die Jahre ist noch ein vierter Grund dazugekommen: dass wir unseren Wohlstand so erwirtschaften, dass unsere Lebensgrundlagen und unser Planet nicht zerstört werden. Wenn diese vier Gründe wieder erkennbar sind, blickt die SPD wieder in eine rosige Zukunft. Wer auch immer die SPD dann führt.

Raoul Koether, München

Vater der Malaise

Nach der Bundestagswahlniederlage 2017 wollte die SPD sich nicht mehr als Koalitionspartner der Union an der Regierung beteiligen und erhielt hierfür viel Lob und Verständnis. Erst auf die massive Intervention des Bundespräsidenten hin ließ sich die SPD auf das Abenteuer "Groko" ein und bekam jetzt in zwei Landtagswahlen die Quittung. Bei allen Analysen und Kommentaren hierzu vermisse ich den klaren Hinweis, dass der Bundespräsident der Vater dieser ganzen Malaise der SPD ist, zumindest neben weiteren Ursachen. Und das muss gesagt werden.

Thomas Topp, München

Ihre Seele verloren

Jeder Arbeitnehmer weiß, was ihm droht, sollte es seinem Chef gefallen, ihn "freizustellen": Hartz IV, also der Verlust fast aller Ersparnisse, peinliche Fragen, ob er nicht in einer "Bedarfsgemeinschaft" lebt und folglich der Familie zur Last zu fallen hat, der Verlust seiner von Amtes wegen als zu groß erachteten Wohnung und die Gewissheit, allen auch nur denkbaren Zumutungen sogenannter Jobcenter hilflos ausgesetzt zu sein. Jeder Betriebsrentner weiß, wer dafür gesorgt hat, dass er auf seine Zusatzversorgung den doppelten Krankenkassenbeitrag zu leisten hat. Jeder Krankenhauspatient weiß, dass Fallpauschale und Budgetierung den Kliniken kaum noch erlauben, Pflegepersonal einzustellen und angemessen zu bezahlen. Kurz gesagt: Sehr viele einstige SPD-Wähler wissen, was sie der Agenda 2010 zu danken haben und dass sie dieser Partei nicht mehr trauen sollten. Die deutsche Sozialdemokratie hat unter Kanzler Schröder ihre Seele verloren. Da wird es ihr gehen wie vielem, was einmal groß war: Es kann nicht sterben, es schwindet dahin.

Claus Menzel, Berlin

© SZ vom 03.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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