Öffentlich-rechtlicher Rundfunk:Was das Publikum will

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Öffentlich-rechtlicher Rundfunk - ergiebiger Diskussionsstoff, seit es Hörfunk- und Fernsehprogramme gibt. (Foto: Norman Krauß/imago)

An Programm und Darbietung in ARD, ZDF und den Dritten in Hörfunk und Fernsehen scheiden sich die Geister. Die einen sind begeistert, die anderen genervt.

"Was bin ich?" vom 12./13. November, "Heiliger Bim Bam" und "Statt Reform" beide vom 05./06. November, und "Wer ist diese Person?" vom 04. November:

Und der Hörfunk?

Ich bin mitunter verblüfft, mit welchem Eifer die Süddeutsche Zeitung sich mit den Problemen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks befasst. "Was bin ich?", fragt sie und opfert dem komplizierten Thema drei bunt bebilderte Seiten. Dabei widmet sich die Recherche bis auf wenige unauffällige Ausnahmen nur dem Fernsehen. Wie sich der Hörfunk durch die Jahre entwickelt hat, wie seine Leistungen tagein, tagaus von Millionen Menschen in Deutschland wahrgenommen wird - das ist ja schon längst nicht mehr das gute alte Radio - und trotzdem begleitet es uns jeden Tag vom frühen Morgen bis in den späten Abend. Das braucht Mitarbeiter - Journalisten und Techniker - nicht anders als auch das Fernsehen. Auch die Kosten sind kaum geringer.

Der Autor scheint sich für all dies nicht zu interessieren. Stattdessen versucht er, in launigem Ton eine Art Psychogramm des WDR-Intendanten Tom Buhrow zu Papier zu bringen.

Wolf Scheller, Köln

Und die Talkshows!

In dem guten und umfassenden Artikel fehlt ein wichtiger Aspekt: Die ausgelagerten und eingekauften Talk-Sendungen (Will, Illner, Lanz, Maischberger, Plasberg) wurden nicht erwähnt. Hier herrscht Intransparenz. Niemand weiß, wie viel diese Damen und Herren für ihre in eigenen Produktionsfirmen generierten Sendungen erhalten. Eine gewisse Hybris ist auch, dass diese Sendungen so heißen: Will, Illner... Und nicht zum Beispiel wie Report, Kontraste oder Frontal.

Dietmar A. Angerer, München

Ball flach halten

Mit gewisser Überraschung habe ich den Bericht (oder soll ich sagen, die Posse?) über die Rede von Tom Buhrow in Hamburg gelesen, oder vor allem über Tom Buhrow selbst. Sicher, das, was Buhrow dort geäußert und vorgeschlagen hat, war und ist Teil seiner Arbeit. Da hätte er manches selbst ändern können. Doch sind meines Erachtens, weder der WDR noch die ARD vollkommen schlecht oder nur noch veraltet. Daher haben mich die Attacken und die Häme überrascht. Ich halte beides für übertrieben.

Zumal ich als Nutzer des WDR im Großen und Ganzen mit dem Angebot zufrieden bin. Das TV-Regionalprogramm ist vielseitig und kritisch, wir haben mit der abendlichen Aktuellen Stunde und der Lokalzeit (Duisburg) gute Informationsangebote. Vielleicht sind Sie da zu sehr auf das Programm des Bayerischen Rundfunks fixiert. Halten Sie den Ball flach!

André Maßmann, Duisburg

Ross und Reiter

Der Artikel von Willi Winkler ist eine journalistische Meisterleistung und hat mir ein wunderbares Lesevergnügen bereitet. Der Autor nennt Ross und Reiter, was ja in der aktuellen Berichterstattung leider selten genug passiert. Winkler trifft den Nagel auf den Kopf, wenn er konstatiert, dass Tom Buhrow seine Anmerkungen bereits bei Amtsantritt öffentlich hätte zum Besten geben sollen. Aber halt, er musste sich ja erstmal öffentlich die Taschen auf Kosten anderer vollstopfen, bevor er sich dann als Privatmann zu Wort meldete. Also, es hat schon alles seine Richtigkeit.

Maria Bauer, Berlin

Rettet die Klassik

Der Kommentar zur Rede des ARD-Vorsitzenden Tom Buhrow bezüglich einer anstehenden Reform der Sendeanstalt benennt unter anderem auch die von Buhrow gestellte Frage nach Einsparmöglichkeiten hinsichtlich der Rundfunkorchester.

Bekanntlich entstand unsere vielfältige und bisher glücklicherweise recht gut gepflegte (Rundfunk-)Orchesterlandschaft aus den kulturell äußerst engagierten Duodezfürstentümern des 18. Jahrhunderts. Dieses Erbe "klassischer" Musik stellt ein hohes und verpflichtendes Gut auch in sozialer und musikpädagogischer Hinsicht dar und darf zudem als Exportschlager besonders nach Fernost bezeichnet werden: Unzählige Menschen aus Japan, China und Korea verneigen sich geradezu vor europäischer Orchestermusik.

Noch gibt es innerhalb der ARD die regionalen Sendeanstalten, die ihre Radioprogramme mit gut ausgewählten Beiträgen ihrer Rundfunk-Sinfonieorchester ausstatten. So gibt man sich in dieser Hinsicht in SWR 2 viel Mühe, auch die Musikstücke zwischen den Textbeiträgen einer Informationssendung musikpädagogisch hochwertig auszuwählen, wohingegen im Deutschlandfunk (DLF) zunehmend eine Convenience-Klangtapete verwendet wird, die mit dem Kulturauftrag eines Radiosenders nicht recht vereinbar zu sein scheint.

Ich möchte mit der von mir entrichteten Mediengebühr den Erhalt unserer Rundfunkorchester sichern helfen und nicht noch zunehmend teure Sportübertragungen und alberne Shows finanzieren.

Ulrich Schwarze, Musikpädagoge, Schriesheim

Stolz auf die Öffentlich-Rechtlichen

Andreas Bernard hält Kultur für überbewertet. Mit Form, Inhalt und Personal der Kultursendungen der Öffentlich-Rechtlichen kann er nicht viel anfangen. Er sieht diese Sendungen nicht regelmäßig, jetzt hat er sich etwas Zeit dafür genommen und ihm ist dabei gleich übel geworden.

Er versteht nicht, warum Kultursendungen im Revier der Politik wildern, warum es wichtig ist, gesellschaftliche und politische Ereignisse auch aus Sicht der Kunst und Kultur zu reflektieren. Er hat kein Verständnis dafür, in Zeiten der Verrohung, Anspruchslosigkeit und stilistischer Verirrungen dem Wahren, Schönen und Guten eine gebührende Bühne zu geben.

Zu meinem "Heimatgefühl" gehören diese Sendungen elementar dazu. Ich bin dankbar den Mannschaften, die die Sendungen produzieren und für die wunderbaren, farbenfrohen und geistreichen Persönlichkeiten, die diese präsentieren. Man lernt unsere öffentlich-rechtlichen Sender spätestens zu schätzen, wenn man im Ausland unterwegs ist, der oberflächlichen Ödnis der amerikanischen Sender oder der lügnerischen Propaganda in Ungarn ausgeliefert. Oft begreifen wir nicht, wie gut es uns in Deutschland geht - auch in dieser Hinsicht.

Thomas Hoffmann, Stuttgart

Im Ton vergriffen

Andreas Bernards Artikel ist inhaltlich eine Zumutung. Hier versteht jemand den gesamten Kulturbereich nicht, da er anscheinend durch den Dauerkonsum von Talk-Runden, Quiz-Shows und Sportsendungen einfach guten Kulturjournalismus nicht mehr durchschauen und schon gar nicht durchdenken kann oder will.

Die Kultur und der Kulturjournalismus müssen politisch und gesellschaftlich relevante Themen wie Klima, Krieg und Kapitalismusfolgen besprechen und behandeln. Und sie sollten exakt mit diesen relevanten Themen in der Primetime das Dauermorden in Endloskrimis, das unerträgliche Schlagergeblubber oder die sich selbst gern darstellenden Polittalk-Moderatoren und -Moderatorinnen in den Öffentlich-Rechtlichen verdrängen. Von wegen Zurückhaltung! Ganz zu schweigen von den privaten Sendern, die mit oft drittklassigen Blockbustern, Container- oder Dschungelcamp-Events gepaart mit Werbeblöcken voller Wohlstandsmüll gar nichts Relevantes mehr zu bieten haben.

Hier hat sich ein Autor vollkommen im Ton vergriffen und einen der wenigen noch guten TV-Bereiche mit völlig haltloser Kritik überzogen.

Wolfgang Theiß, Darmstadt

Eingelullt

Schon seit einiger Zeit kann ich keine der im Artikel erwähnten Sendungen zur Kultur mehr anschauen. Weiter zappen. Ich fühle mich bedrängt, habe das Gefühl, mit der Meinung der Autoren gleich geschaltet zu werden. Dabei bin ich in meinen Interessen ein sehr offener Leser und Besucher von Kunstausstellungen. Ich erwarte von der Berichterstattung über kulturelle Ereignisse sachliche Informationen, die mir helfen, eine Entscheidung zu treffen.

Dazu diese "namenlosen" Stimmen. Klingen, als würde man gerade an einer religiösen Zeremonie der Heiligsprechung des Gegenstandes des Berichtes teilnehmen. Ja, Du bist Teil dieser erhöhten "Kultur"-Gemeinschaft! Vielen Dank dass Sie das mal dargestellt haben.

Also ich halte dass nicht aus. Aber das geht mir schon seit noch viel längerer Zeit mit den angeblich so tollen Berichten über Geschichte und Natur in den Terra-X-Reihen so. Mit der Abfolge des Berichts und der Art des Schnitts des Bildmaterials könnte ich mich vielleicht noch anfreunden, aber die Stimmen aus dem Off lassen mich weiterzappen.

Meine Erwartungen, dass die Art und Weise der Berichterstattung über Kultur sich mal ändert, gehen gegen Null. Auch die Nachrichtensendungen über Politik, wie "Tagesschau" und "Heute" haben diesen Ton drauf. Da sieht man die Sprecher zwar, aber mit ihrem leicht schief gelegten Kopf und dem beruhigend wirkenden Ton lullen sie uns auch ein in ihre Wahrheit.

Mathias Bethäuser, Heidelberg

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