Manfred Weber:Fürs Klima nicht auf der Höhe der Zeit

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170 auf der Autobahn - problemlos, wenn's ein Elektroauto mit Strom vom Dach ist? SZ-Leser widersprechen dem CSU-Europapolitiker und fordern ihn und seine Partei auf, konsequenter für die Umwelt einzutreten.

Manfred Weber (CSU), Chef der EVP-Fraktion im EU-Parlament, erntet nach einem SZ-Interview Kritik mit seinen Klimaschutz-Ansichten. (Foto: Catherina Hess)

Zum Interview mit Manfred Weber, "Ein Rechtsruck wäre ein Desaster" vom 16./17. Oktober:

Nicht praxisgerecht

Im Interview äußert sich Manfred Weber zu einem möglichen Tempolimit auf Autobahnen: "Warum soll nicht jemand mit einem Elektroauto 170 fahren, wenn er den Strom vom Dach zu Hause tankt? Wir brauchen Pragmatismus, um die Probleme unserer Zeit zu lösen."

Wie pragmatisch ist ein Vorschlag, der für 99,9 Prozent der 48 Millionen Pkw in Deutschland gar nicht zutrifft? Merkwürdig erscheint auch die Idee, mit Energie könne man verschwenderisch umgehen, wenn sie regenerativ bereitgestellt wurde. Wenn es gut geht, wird die Stromerzeugung in 15 bis 20 Jahren komplett regenerativ sein. Jede überflüssig konsumierte Kilowattstunde Solarstrom steht für andere Anwendungen nicht zur Verfügung und muss durch konventionelle Kraftwerke ersetzt werden. Wer (zu) viel Strom verbraucht, behindert die Energiewende.

Hohe Geschwindigkeiten sind auch deswegen absurd, weil man dann umso länger an der Ladesäule steht. Um den Zeitverlust durch das Rasen zu minimieren, braucht man Schnellladesäulen, die ihren Strom garantiert nicht vom eigenen Dach beziehen.

Dazu kommt: Bei Unfällen steigt die Schwere quadratisch mit der Geschwindigkeit und linear mit dem Gewicht der Fahrzeuge. E-Autos wiegen rund ein Drittel mehr als konventionelle Fahrzeuge. Es ist daher nur vernünftig, mit Elektroautos langsamer zu fahren. Nimmt man beispielsweise für herkömmliche Pkw eine maximale Geschwindigkeit von 130 km/h an, dürften E-Autos höchstens 115 km/h fahren, um die Unfallfolgen nicht größer werden zu lassen.

Als studiertem Ingenieur sollten Herrn Weber diese einfachen physikalischen Aspekte geläufig sein. Oder passen die Sachargumente nicht in sein politisches Weltbild?

Dirk Langer, Rosenheim

Windkraft weiter ausgebremst

Manfred Weber meint im Interview mit der SZ, es ein "guter Konsens", dass "wir in Bayern die Photovoltaik massiv fördern und in Norddeutschland die Windkraft". Die CSU müsste die Windkraft ja nicht zusätzlich fördern, sie müsste nur aufhören, sie mit der 10H-Abstandsregel in Bayern zu verhindern. Bayern sei kein Windland, wiederholt sie gebetsmühlenartig.

Auch Ackerbau wird nicht nur auf den besten, sondern auf allen geeigneten Böden betrieben - wir hätten sonst schlicht zu wenig Feldfrüchte. Und wenn wir Klimaschutz wollen, können wir uns keinen Totalausfall bei der Windkraft im flächengrößten Bundesland leisten. Es gibt Anlagen-Typen, die auch unter bayerischen Windverhältnissen viel Strom produzieren. Die CSU-Spitze hat sich in ihrer Anti-Windkraft-Ideologie verbarrikadiert und ist durch Argumente anscheinend nicht mehr erreichbar. Sie kann sich dabei weder auf die Mehrheit der Bevölkerung noch auf die eigene Basis berufen. Auch CSU-Mitglieder und CSU-Bürgermeister haben in Bayern Bürger-Windkraft organisiert. Fast fertige Projekte wurden dann von der CSU und der Staatsregierung zu Fall gebracht - ein Desaster für den Klimaschutz, eine Verschwendung von Ressourcen und eine Ohrfeige für das bürgerschaftliche Engagement.

Dr. Eduard Belotti, Augsburg

Vorstand erneuern

Wenn Manfred Weber sagt: "Wir müssen programmatisch wieder anspruchsvoll, wieder kreativ werden", dann heißt das ja, dass die CSU jetzt nicht anspruchsvoll und auch nicht kreativ ist. Konsequent wäre ein Rücktritt des Gesamtvorstandes. So sähe Demokratie aus.

Dr. Detlef Rilling, Scharbeutz

© SZ vom 21.10.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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