"Ich bin in der Nähe von Dachau aufgewachsen, die Puppe hat mir einer der Asylhelfer geschenkt. Sie haben uns immer etwas mitgebracht, wir nannten sie die Kümmerer. Ich habe die Puppe Ciger genannt und habe sie sehr gern, sie erinnert mich an Deutschland und an meine Freunde dort. Wenn ich jetzt aus der Schule komme, erzähle ich ihr von meinem Tag. Ich gehe in die dritte Klasse einer Grundschule in Asaba. Dort lerne ich fast dieselben Sachen wie in Deutschland, Rechnen und so. Aber ich habe nicht so viele Freunde wie in in Karlsfeld. Dort war ich in der ersten Klasse, als wir wegfliegen mussten. Ciger war damals ungefähr ein halbes Jahr bei mir. Die Polizei ist mit 13 Leuten gekommen, mitten in der Nacht. Sie haben sehr laut gegen die Tür gehämmert. Meinem Vater haben sie Handschellen an die Hände gemacht, er ist heute immer noch traurig, er sagt, wir wurden behandelt wie Verbrecher. Er durfte nicht einmal Geld vom Automaten mitnehmen, als sie uns zum Flughafen brachten. Auch im Flugzeug waren viele unfreundlich. Mein Vater hatte in Deutschland einen Job, trotzdem mussten wir gehen. Nach zwei Monaten in Lagos sind wir dann umgezogen ins Delta State, weil Lagos zu teuer war. Die Schule kostet hier Geld. Das Krankenhaus auch. Meine Eltern sind oft im Krankenhaus oder beim Arzt. In Deutschland hat meine Mutter eigentlich gerade auf eine Operation gewartet. Meine Schwester Stephanie ist 13 Jahre alt, sie konnte überhaupt nichts einpacken, nur ein paar Klamotten. Die Puppe ist das einzige Spielzeug, das ich mitnehmen durfte, die Polizei sagte: sonst zu viele Kilo im Koffer. Ich hatte noch eine zweite von den Kümmerern, mein Vater glaubt, die liegt wahrscheinlich noch in einem Zimmer in Dachau, mit unseren ganzen anderen Sachen."
Am Donnerstag, 29.2., findet ab 19 Uhr im Münchner Bellevue di Monaco ein Info-Abend zum Thema abgeschobene Kinder statt.