Kommunikation:Bitte mehr Menschlichkeit!

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Muss Post vom Amt eigentlich immer gar so seelenlos sein? Oder können sich Juristen und Verwaltung nicht auch ein bisschen mehr Mühe geben?

Behördensprache kann mitunter ziemlich unsensibel sein. Finden SZ-Leserinnen und -Leser, und wünschen zeitgemäße Besserung. (Foto: Renate Schmidt)

Zu "Du mich übrigens auch" vom 23. Februar:

Bürokratie, mon amour

Vielen Dank für die gelungene Beschreibung der seelenlosen Post vom Gesundheitsamt in Zeiten von Corona! Ich erhielt dürre Worte per SMS. From "noreply Gesundheitsamt München": Sie haben Corona. Gehen Sie in Quarantäne bis 10 Tage nach Testung. Über "Gute Besserung" oder "Danke für Ihre Kooperation" hätte ich mich, unaufgefordert und selbstredend in Quarantäne, ein bisschen gefreut.

Franziska Paeslack-Spandau , München

In tiefster Trauer

Der Artikel hat mir aus der Seele gesprochen. Ich wurde zwar nicht vom Gesundheitsamt kontaktiert, aber als vor zwei Jahren mein Mann verstarb, musste ich mich mit der Deutschen Rentenversicherung Bund auseinandersetzen. In tiefster Trauer erreichten mich Schreiben mit juristischen Formulierungen, schwer zu verstehenden Satzkonstruktionen - und ich bin als Hausärztin durchaus Bürokratie-erfahren -, die ein tiefes Misstrauen ausdrückten, dass ich unrichtige Angaben machen könnte. Aber manche Fragen, wie zum Beispiel das Datum des ersten Arbeitstages meines verstorbenen Mannes, irgendwann Anfang der Sechziger Jahre, konnte ich nicht beantworten.

Bei der telefonischen Nachfrage hatte ich dann Glück, eine unkonventionelle Mitarbeiterin half mir. Sie sagte: "Wenn sie mich nicht verraten, schau ich schnell in die Unterlagen", es stellte sich heraus, dass praktisch alle Angaben bereits im System der Rentenversicherung gespeichert waren. Es war zu Zeiten des ersten Lockdowns, ich war fast blind vor Kummer, aber die Rentenversicherung machte mir alles nur schwerer, schrieb Mahnungen und Aufforderungen zur sofortigen Beantwortung, sonst...! Schwarze Pädagogik in Reinform. Kann man nicht bitte endlich bei allen Behörden diesen furchtbaren Verwaltungsjuristinnen und Verwaltungsjuristen eine Kommunikationsfachfrau zur Seite stellen? Danke jedenfalls für diesen Artikel.

Barbara Turczynski-Hartje , München

Falsche Sozialisierung

Der Autor fragt, warum nicht Lektoren eingesetzt wurden, um "die Amtsschreiben in eine respektvolle deutsche Sprache (zu) übersetzen". Keine schlechte Idee, aber die Ausdrucksweise in dem Amtsschreiben ist nur ein Symptom von vielen, die offenbaren, dass es grundlegende Probleme in den öffentlichen Verwaltungen in Deutschland gibt. Es ist nicht die "Obrigkeit", es ist die Sozialisierung in einem System, in dem gelernt wird, dass es nicht um die Lösung von Problemen geht, dass kreative, planvolle Leistungen kaum gefragt sind.

Anpassung ist gefragt ans Bestehende, das sind Strukturen: Organisationsstrukturen, Rechtsstrukturen, Verhaltensstrukturen. Ein System, in dem sich die Mitwirkenden oft während ihrer gesamten Arbeitsdauer aufhalten, in dem sie sich einrichten - das fördert Bräsigkeit, bequeme Anpassung. Gibt es Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich für Veränderung einsetzen, lässt man sie ins Leere laufen, alle wissen ja, dass die es auch noch lernen werden. So bestätigt sich das System täglich selbst. Es ist nicht die Furcht vor Obrigkeit! Veränderung wäre ein "dickes Brett", sie müsste radikal sein. Lektoren reichen nicht.

Hartmut Krauß, Bielefeld

© SZ vom 10.03.2022 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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