Klima:Verzockte Zukunft

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Der Klimawandel wird nach Meinung von Lesern nicht mit der nötigen Priorität behandelt. Ein Leserbriefschreiber meint gar, Aktivität zu Gunsten der nachfolgenden Generationen werde von Politik und Wirtschaft nur vorgegaukelt.

" Nur Mut" vom 29. November:

Aktivität wird vorgegaukelt

Bei der Podiumsdiskussion des Berliner Klimagesprächs zum "Klimaschutzplan 2030" zeigten sich die Vertreter der unionsgeführten Ministerien Verkehr, Energie und Landwirtschaft ausgesprochen schmallippig, was die von der Klimaallianz geforderten Maßnahmen angeht. Der Vorschlag einer CO₂-Bepreisung für Verkehr und Wärme wurde zum Beispiel mit dem Hinweis abgetan, dies stünde nicht im Koalitionsvertrag. Da bekommt man den Eindruck, dass es nicht an Mut, sondern tatsächlich am Willen fehlt. Uns Bürgern gaukelt man Aktivität vor, bis alles auffliegt tut man niemanden weh, siehe Klimaziele 2020. So verzockt man unsere Zukunft und die unserer Kinder.

Michael Schröder-Schulze, Weilheim

Wann, wenn nicht jetzt

Nicht nur die Regierung ist feige, die Industriezweige, die es in der Hand haben, sind es auch. Statt zum Beispiel Vorschläge zum wirksamen Klimaschutz zu machen, lamentiert die Autoindustrie auf hohem Niveau, dass CO₂-Grenzwerte von 35 Prozent zu hoch und nicht ohne Stellenabbau zu erreichen seien. Das mag sein, ich kenne mich im Motorenbau nicht aus. Doch was mir als Laiin aufstößt, ist der ewige "Größer-stärker-mehr Schnickschnack" der Neuwagen. Unsere Automobilkonzerne mögen keine kleinen, einfachen Autos, zumindest nicht in großer Stückzahl. Natürlich befriedigen sie "nur" die Wünsche der KundInnen. Doch könnte man hier mit einem Imagewechsel einiges bewirken.

Und für die, die dann immer noch ein großes, schweres Auto fahren wollen, müssen die Preise nach dem Verursacherprinzip ansteigen! Wie im Artikel "Nur Mut" aufgezeigt wird, gibt es einige Lösungsmöglichkeiten. Wichtig ist, dass die, die sowieso wenig Geld haben, nicht bestraft werden, sondern durch eine Dividende oder Verrechnung mit anderen Steuern und Abgaben entlastet werden.

Die Idee einer CO₂-Steuer, die durch eine Bürgerdividende mit einem einheitlichen Betrag pro Kopf an die SteuerzahlerInnen zurückbezahlt wird, hat den Reiz, dass CO₂ besteuert wird, man also am Preis für ein Produkt ablesen kann, ob während der Produktion oder beim Einsatz des Produkts viel oder wenig CO₂ erzeugt wird. Damit kann man also über sein eigenes Konsumverhalten steuern, ob man viel oder wenig zum Klimaschutz beitragen will. Damit würden nicht nur Autos besteuert, sondern auch zum Beispiel Kraftstoffe für Autos und Heizung, Kohle, Kohlestrom, Fleisch, Flüge und so vieles mehr.

In Ländern mit Abgaben auf CO₂ gingen die Werte zurück, wie in der Schweiz. In Großbritannien sank die Stromerzeugung durch Kohle, Kanada wird ab Januar 2019 eine CO₂-Abgabe einführen, inklusive Dividende. Wenn nicht jetzt, wann dann? Regierung und Industrie sollten zum Wohle aller zusammenarbeiten und eine echte Lösung finden.

Irmtraud Chladek, Ingolstadt

Hauptsache flexibel

"Zielmarke: 2050" vom 29. November: Ist Brüssels Zielmarke - ein kompletter Verzicht auf Treibhausgase in der EU bis 2050 - ein Werbegag? Wenn Donald Trump den Klimawandel als Zivilisations- und Ökonomisierungsfolge leugnet, dann erkennt jeder Informierte und Mitdenkende in Europa darin eine wählerwirksame Manipulation. Wenn Europa auf die Produktion von Treibhausgasen bis 2050 komplett verzichten soll, dann macht sich diese Option sehr gut auf dem Strategiepapier. Leider ist schön geredet und schön geschrieben noch lange nicht schön umgesetzt.

Die jüngste Vergangenheit des bisherigen Umgangs mit EU-Emissionszielen kann es uns lehren. Denn: "Nach Informationen des Europäischen Umweltbüros drängen Deutschland und zehn weitere europäische Mitgliedstaaten darauf, die EU-Emissionsziele für Luftschadstoffe wie Stickoxide abzuschwächen. Diese sind in der Europäischen Richtlinie zu nationalen Emissionsmengen festgelegt. Die EU-Mitgliedsstaaten können unter bestimmten Bedingungen beantragen, dass ihre Höchstmengen rückwirkend angehoben werden." (BUND/03.08.2018) Begründet wurden die Anträge mit den Entwicklungen im Straßenverkehr. (Quelle: BUND/03.08.2018)

Die so flexibel gestalteten EU-Emissionsziele, die mit juristischen und strategischem Geschick formuliert wurden, zeigen den ebenso strategischen Weitblick von Lobbyisten und Politikern. Damals hat man bei den Formulierungen werbewirksam einer deutlichen Tendenz in der öffentlichen Meinung entsprochen. Heute könnten diese EU-Emissionsziele rückwirkend, ohne Konsequenzen, entschärft werden. Dadurch hätte die Politik dann endgültig den nötigen Innovationsanreiz zum Beispiel für die Autoindustrie verhindert und die Verzögerungstaktiken und Betrügereien, die der Dieselskandal aufdeckte, planbar lukrativ werden lassen.

Karin Gilke-Kleffner, Edewecht

© SZ vom 06.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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