Julian Assange:Für die Freiheit aller

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Warum der Prozess gegen Julian Assange eine große Tragweite für viele Menschen und den Journalismus hat, fassen eine SZ-Leserin und ein SZ-Leser zusammen.

Wikileaks-Gründer Julian Assange verlässt das Westminster Magistrates Gericht nach einer Anhörung zum Auslieferungsgesuch der USA. (Foto: Dominic Lipinski/dpa)

Zu "Journalismus als Gefahr" vom 13. Dezember und zu "Ein Rückschlag" und zu "Das britische Justizsystem ist tot" beide vom 11./12. Dezember:

Entlarvungsjournalismus

Die Prozessführung gegen Julian Assange und seine Inhaftierung stellen eine Verhinderung seiner Berufsausübung dar. Das wird zu wenig ins Licht gerückt. Gerade dies ist für die USA entscheidend: die Angst vor der weiteren publizistischen Tätigkeit von Assange. Damit wird auch zugegeben, dass die von ihm betriebene Arbeit rechtens ist. Die "gutmeinenden" Anwälte haben zu sehr versucht, Assange von Vorwürfen reinzuwaschen, anstatt ihn in seiner großen Bedeutung herauszustellen, die ihn für die Mächtigen so gefährlich macht. Und für uns notwendig.

Falsch ist es, immer seine gesundheitliche Not zu betonen (die evident ist), was darauf hinauslaufen könnte, dass er aus Mitleid nicht ausgeliefert wird. Das ist der falsche Weg. Für ihn und auch für uns. Sein Weg im legitimen Entlarvungsjournalismus muss unser Weg bleiben. Es darf kein Zweifel daran aufkommen, dass seine Arbeits- und Enthüllungsmethoden richtig waren und dass große Enthüller der Aufklärung wie Voltaire sie bereits mit Erfolg und weltweiter Anerkennung benutzt haben. Voltaire im Fall Calas, der ohne Voltaires gezielte Untergrabung der Vertuschungen durch Staat und Gerichte in Frankreich nie zu einer Wahrheitsfindung und Rehabilitierung des Unschuldigen geführt hätte. Assange ist ein Aufklärer im besten Wortsinn, ein Erbe der großen Philosophen des 18. Jahrhunderts.

Das Europäische Parlament hat dem russischen Oppositionspolitiker Alexej Nawalny zu Recht den Sacharow-Preis verliehen. Es unterstützt ihn Putin gegenüber und ehrt seine Verdienste. Leider hat das Europäische Parlament Julian Assange nie ausgezeichnet und geehrt, was bedeutet hätte, dass England seine Haltung ihm gegenüber überdacht und ihn wahrscheinlich auf freien Fuß gesetzt hätte. Es ist unverständlich, dass das Europäische Parlament sich derart auf die Seite der Vereinigten Staaten schlagen konnte. Assange ist ein beredter und mutiger Advokat unserer Freiheit und unseres Rechtes auf uneingeschränkte Wahrheitsfindung und Wahrheitsverkündung.

Prof. Dr. Hermann Hofer, Marburg

Lauter Aufstand

SZ-Autor Frederik Obermaier hat den Mut, ganz klar an der Seite von Reporter ohne Grenzen zu stehen. Stark! Meine Süddeutsche Zeitung! Da es die britische Justiz war, an die wir alle weder sinnvoll Bitten noch politische Forderungen stellen können, haben wir jetzt eigentlich nur: den lauten Aufstand aller Journalisten weltweit für Assange, um die USA zum Einlenken zu bewegen.

Denn selbst wenn die britische Innenministerin Priti Patel nun noch die Auslieferung verhinderte (wer glaubt das?): Assange kann sich erst als freier Mann bewegen, wenn die USA loslassen. Wenn wir alle laut genug sind, vielleicht wird die neue Regierung in Berlin dann ja auch Edward Snowden unbeschwert nach Berlin zu kommen erlauben und wäre dann endlich ein echter Freund für die USA.

Irene Latz, Berlin

© SZ vom 23.12.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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