Deutsche Bahn:Hoffen auf eine bessere Führung

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Die Bahn hat so viele Baustellen wie Managementprobleme, meinen einige SZ-Leser. Manche wünschen sich, die Politik möge künftig lieber viele kleine Projekte fördern, wie etwa Gleiserweiterungen als große Prestigebauten wie Stuttgart 21.

Und der ICE rauscht vorbei: Gleisbauarbeiten gibt es in Deutschland praktisch über das gesamte Streckennetz verteilt. Manche Experten führen die vielen Baustellen auf einen Investitionsstau in früheren Jahren zurück. (Foto: Imago images)

Zu " Der Bahn-Sinn" vom 13./14. Juli:

Kleine Projekte bringen mehr

Gerade aus der Schweiz per Bahn zurück, finde ich Ihren Bericht voll zutreffend! Die Ursache der deutschen Misere liegt einmal darin, dass die Deutsche Bahn AG mehrere Milliarden Schulden durch Aufkäufe Hunderter Unternehmen in der ganzen Welt aufhäufte und dass sie die ohnehin viel zu geringen Investitionsmittel in gigantische Großprojekte steckt, die zwar Prestige, jedoch nur minimalen Nutzen stiften: Für die fast zehn Milliarden, die allein in Stuttgart vergraben werden, könnten im ganzen Land mit je zehn Millionen Euro tausend Engpassstellen und Eingleisabschnitte beseitigt oder Ausweichgleise gebaut werden. Damit könnte auch bei Störungen pünktlich gefahren werden!

Die Schweizer Bahnen kaufen nicht "Bax Global", verzichten auf Schnellstrecken und bauen statt dessen eine gut funktionierende Bahn, die die Bürger gern und oft nutzen!

Prof. Karl-Dieter Bodack,Gröbenzell

Schuld liegt bei der Regierung

Was die SZ über den Zustand und die Leistungsfähigkeit der Deutschen Bahn berichtet, ist die Folge einer Verkehrspolitik, die Mobilität über Jahrzehnte verwaltet, aber nicht gestaltet hat. Deutschland hat kein verkehrspolitisches Gesamtkonzept, das Ziele setzt und Maßnahmen beschreibt, mit denen diese Ziele erreicht werden sollen, das jedem Verkehrsträger seinen prozentualen Anteil an der Gesamtverkehrsleistung zuweist und erklärt, wie diese Zielvorgabe umgesetzt werden soll.

Verkehrspolitiker verweisen dann gern mit Stolz auf den Bundesverkehrswegeplan. Doch der ist nur ein Finanzierungsplan, der aus einem zuvor entworfenen, fachlichen Gesamtkonzept hätte entwickelt werden müssen. Die von Verkehrspolitikern seit den 70er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts über alle Parteigrenzen hinweg erhobene Forderung, Verkehr von der Straße auf die Schiene zu verlagern, hat sich längst als Sonntagsrede entpuppt. Seither hat sich der Modal Split, also das Verhältnis von Verkehrsleistungen auf der Straße zu denen auf der Schiene, genau gegenteilig entwickelt.

Dabei ist dieses Ziel heute wichtiger denn je: Die wachsenden Mobilitätsbedürfnisse bei gleichzeitig zunehmenden Ansprüchen an den Umweltschutz werden nur mit verkehrspolitischer Priorität für die Entwicklung des Schienenverkehrs zu erreichen sein. Da hat die Schweiz es leichter, denn sie hat keine die Verkehrspolitiker in die Pflicht nehmende Automobilindustrie; und Japan hat den bewunderten Shinkansen als Gesamtsystem geplant, so wie Deutschland den Transrapid als Fahrweg-Fahrzeug-Einheit entwickelt hat, dem deutsche Verkehrspolitiker und ein neuer Bahnchef in ihrer Konzeptionslosigkeit kurz vor der Planfeststellung das Lebenslicht ausgeblasen haben.

Versäumnisse der Verkehrspolitiker haben die heutigen Leistungsdefizite der Bahn zu verantworten. Es wird angesichts unserer überfrachteten, viel zu viel Zeit beanspruchenden Planverfahren Jahrzehnte dauern, bis diese Versäumnisse ausgebügelt worden sind.

Bis dahin wird Deutschland sich wahrscheinlich mit in langen Kolonnen in Minimalabstand fahrenden, elektronisch gesteuerten Lkw, mit Oberleitungs-Lkw und mit Gigalinern behelfen. Daher: Nicht die Bahn, sondern die Bundesregierung hat meines Erachtens den Schwarzen Peter.

Hans Lafrenz, Hamburg

Aufs Management kommt es an

Die Deutsche Bahn AG weiß, dass sie einen Missstand verwaltet. Sie sollte weniger Geld in Werbung stecken und mehr in die direkte Kommunikation mit ihren Fahrgästen. Sie sollte investieren, dass Durchsagen an Bahnhöfen schneller, besser hörbar und hilfreicher sind auch für Erstkundinnen und Erstkunden. Investieren in eine App, die geübten Nutzerinnen und Nutzern in Echtzeit und wahrheitsgemäß Abweichungen vom Fahrplan und die Alternative dazu anzeigt. Schulen, was das Zeug hält, damit die eigenen Beschäftigten auch im Kontakt mit übel gelaunten Fahrgästen Lösungen anbieten können, anstatt uns eigenen Unwillen oder Desinteresse entgegenzuhalten.

Wir erleben im Bahnbereich die offenbar vollständige Unfähigkeit der Industrie, pünktlich und fehlerfrei zu liefern. Wir erfahren täglich die Unwilligkeit der Politik und der Deutschen Bahn AG, ein umweltfreundlicheres Verkehrsmittel, als es Pkw und Flugzeug sind, so einzusetzen, dass ich die Zeit darin tatsächlich als "meine Zeit" empfinde. Ohne unfreiwillige zusätzliche Minuten und Stunden und ohne die Unruhe, den geplanten Anschluss zu erreichen oder einen wichtigen Termin.

Die Bahn hat ein besseres Schicksal verdient als die Unternehmensführung und die Politik, die sie seit vielen Jahren erfahren muss. Und wir, die wir die Bahn gerne nutzen oder gar auf sie angewiesen sind, ebenfalls.

Michael Odenthal, Kiel

Nutzen von Stuttgart 21 fraglich

Die großen bekannten Bahnhöfe in der Schweiz sind Basel und Zürich. Es sind Kopfbahnhöfe; dennoch ist die Schweiz unserer Bahn überlegen. Statt eine vernünftige Verbindung (Gleiserweiterung) von Stuttgart nach Zürich zu gewährleisten, wird mit mehr als 40 Milliarden Euro der Stuttgarter Kopfbahnhof zerstört für ein Projekt (Stuttgart 21), dessen Nutzen mehr als fraglich ist.

Renate Hager, München

© SZ vom 30.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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