Brexit:Jetzt zeigt sich, wie die EU-Familie tickt

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Die Briten sollten weiter als Freunde und weniger als ,,Drittstaat" behandelt werden, finden Leser. Eine Schreiberin vergleicht den Brexit mit der Trennungssituation in einer Familie.

Zu " Popo zückt Bananen" vom 11. Februar, " Wir kommen wieder" und " Der Grabenkrieg ist zu Ende" vom 31. Januar:

In der Folge 5 der Feuilleton-Serie zum Brexit wurde geschrieben, dass viele Briten die EU als ein deutsches Kolonisationsprojekt sehen. Nur mit dem Brexit wurde die Lage meiner Meinung nach verschärft. Mit dem Austritt haben die Briten sich selbst der Einflussmöglichkeiten auf die EU beraubt und damit den deutschen Einfluss vergrößert, da nun das relative Gewicht Deutschlands bei weniger Mitgliedern größer ist.

Michael Oberseider, München

Julian Barnes' Frage am Ende seiner Zeilen "Und ob ihr uns dann noch haben wollt. Ich hoffe es" beantworte ich sehr gerne mit einem klaren Ja. Wir wollen euch wieder, was denn sonst. Bis dahin aber könnt ihr ja einiges, was mit dem Brexit zu Bruch gegangen ist, wieder in Ordnung bringen. Dabei werdet ihr auf Brüche wie diese stoßen: in eurer Monarchie samt unzeitgemäßen Privilegien des Oberhauses gegenüber dem vom Volk gewählten Parlament, in eurem Verfassungsrecht, in eurer gespaltenen Union, in Fragen nach der Wiedervereinigung Irlands und einer föderalistischen Union. Vielleicht werdet ihr euch dann, wieder zur Besinnung gekommen, auf die Wiedervereinigung mit uns EU-Europäern freuen und mit uns ein echtes Band der verlässlichen Freundschaft knüpfen. Denn: We love you, we want you and we need you. Aber sagt uns auch ganz frei heraus, was wir EU-Europäer zum Wohle dieser neuen Freundschaft verbessern müssen, warum auch nicht.

Frank Stößel, Zell am Main

Mich schockiert, mit welch kriegerischer, apodiktischer Wortwahl das Thema des Tages zum Brexit angegangen wird. "Der Grabenkrieg ist zu Ende", "... was jetzt kommt: die eigentliche Schlacht mit Großbritannien". Dann wird von der EU Druck aufgebaut, dass kaum Zeit für ein Abkommen sei, der Freund sei nun ein "Drittstaat" - so als gäbe es die Schweiz, Norwegen, Island und andere (inklusive Russland, Türkei) nicht: alles "Drittstaaten", für die die Drohung "Zurück auf null" im Raum steht.

Liebe Briten! Schade, dass ihr gegangen seid. Euch und uns viel Glück für die Zukunft. Die Blaupausen für Norwegen und die Schweiz liegen ja vor und die für alle möglichen anderen Staaten mit ganz anderen "Standards" auch. Großbritannien ist Teil Europas und war fast ein halbes Jahrhundert auch Teil der EU-Familie. Aber so ist das mit Familien: Jahrzehntelang strecken alle ihre Füße unter einen Tisch, und dann will einer ausziehen. Und jetzt zeigt sich, wie die Familie gestrickt ist. Versucht sie, den Ausreißer mit allen Mitteln zur Räson zu bringen, oder akzeptiert sie seine Eigenständigkeit und wünscht ihm Glück auf seinem Weg? Hofft sie, dass er auch ohne sie erfolgreich ist oder hofft sie auf sein Scheitern? Wovor hat die EU denn Angst? Dass andere das Zusammenleben unter den strengen Regeln der Familie auch nicht großartig finden könnten. Fairness ist ein britisches Konzept, Weltanschauung ein deutsches. Die EU sollte ihre eigene Fairness und Weltanschauung überdenken, bevor sie "Kein Singapur an der Themse" und "Keine unfairen Vorteile durch niedrigere Umwelt- und Sozialstandards" schreit.

Gabi Baderschneider, Sinzing

© SZ vom 25.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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