Augsburg:Umstände offen ansprechen

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Nach dem Tod eines Feuerwehrmanns bei einer Auseinandersetzung ist die Debatte um Migranten-Kriminalität aufgeflammt. Ein SZ-Kommentator hatte vor Hetze gewarnt. Das war Lesern zu reflexartig, das Thema dürfe nicht tabuisiert werden.

Trauer am Königsplatz Augsburg: Ein Feuerwehrmann war bei einer Auseinandersetzung mit einer Gruppe so schwer verletzt worden, dass er starb. (Foto: dpa)

Zu " Mit einem Schlag" und " Der Hetze widerstehen", beide vom 10. Dezember:

Soziale Probleme lösen

Anlässlich des Mordes in Augsburg weist Herr Steinke in seinem Kommentar eindringlich darauf hin, dass Menschen nicht als Kriminelle geboren, sondern durch soziale Umstände und Faktoren dazu gemacht werden (können). Wobei prekäre Bedingungen oder mangelnde soziale Einbindung zu solchen Faktoren gehören. Jugendliche mit Migrationshintergrund würden deshalb ein höheres Kriminalitätsrisiko aufweisen. Wen will Herr Steinke damit erreichen beziehungsweise glaubt er, überzeugen zu müssen?

Für die gebildete SZ-Leserschaft sind das doch bekannte Banalitäten. Worum es meiner Meinung nach aber eigentlich gehen sollte, und was nach dem Sommer 2015 immer noch nicht ausreichend aufgearbeitet wurde: Die Probleme, auf die Herr Steinke zu Recht hinweist, fanden lange Zeit in der öffentlichen Debatte nicht statt. "Durften", sollten nicht stattfinden, um nicht Ressentiments und Fremdenfeindlichkeit zu schüren. Ein an sich lobenswertes Motiv, welches das Gegenteil bewirkt hat.

Es kamen Menschen aus ganz unterschiedlichen Gründen mit ganz unterschiedlichen Fähigkeiten und Voraussetzungen nach Deutschland. Ebenso war es immer Unsinn, davon auszugehen, dass, wer vor Gewalt flieht, von der Gewalt sozusagen kuriert wäre und keinerlei Gefahrenpotenzial mehr darstellen würde. So wurde argumentiert. Warnungen aber, dass eine unbegrenzte Zuwanderung die Integrationskraft einer Gesellschaft überfordern könnte, dass sich dabei zwangsläufig Parallelstrukturen entwickeln und sich zunehmend mehr Menschen ohne realistische Perspektiven bei uns aufhalten würden, waren obsolet beziehungsweise wurden dem rechten Spektrum zugeordnet. So hat man realistische Sorgen und Gefahren nicht thematisiert und völlig unnötig den Rechten überlassen. Das war ein historischer Fehler, sowohl politisch wie auch medial, das fällt uns jetzt auf die Füße. Nicht nur durch die hohen Wahlergebnisse der AfD, auch als Versäumnis. Denn Steinke hat ja recht: Gegen soziale Probleme kann man etwas tun. Manches kann man sogar verhindern. Man muss die Probleme dazu aber benennen! Das ist zu lange nicht passiert.

Dr. Klaus Fuhrmann, Freiburg

Reflexhafte Reaktion

Mit seinem Kommentar "Der Hetze widerstehen" will Ronen Steinke wohl unbedingt Willkommenseuphorie erzwingen, dürfte aber mit seinen reflexhaften Verharmlosungen dieser abscheulichen Tat ("Fausthieb, Prügelei mit tragischem Ausgang" etc.) eher das Gegenteil erreichen. An dieser rohen und menschenfeindlichen Gewalttat einer völlig enthemmten Jugendbande lässt sich unseres Erachtens rein gar nichts beschönigen. Die reflexhafte Verharmlosung von Migranten-Kriminalität durch Medien stößt in weiten Kreisen der Bevölkerung inzwischen auf erhebliche Empörung. Tatsächlich wurde in dem Fall in Augsburg ein friedliebender Bürger regelrecht zu Tode geprügelt, wie jedenfalls wenige Stunden nach der ruchlosen Tat etwa bei Focus Online zu lesen war. Ähnlich aufgewühlt äußerte sich CSU-Bundesinnenminister Horst Seehofer, dass "in Augsburg ein friedfertiger Bürger totgeschlagen wurde, schlichtweg totgeschlagen wurde. So etwas wühlt mich auf", sagte er wörtlich im Bayerischen Fernsehen.

Mit seiner realitätsfernen Kommentierung liegt Herr Steinke daneben. Seinen Kommentar durchzieht unserer Meinung nach wie ein roter Faden unausgesprochen eine Mitschuld der einheimischen Gesellschaft, die letztlich solch rohes Verhalten zu verantworten hat, weil die Migrationsjugend in prekären Verhältnissen aufwachsen muss, und solche würden eben derartiges Verhalten hervorrufen. Damit schlägt er allen anständigen in- und ausländischen Mitbürgern ins Gesicht, vor allem Angehörigen der Kriegs- und Nachkriegsgeneration, die in erbärmlichen Verhältnissen ihr Leben fristen mussten, ohne sich deswegen in Gewaltkriminalität zu flüchten.

Ute und Manfred Schmidt, Baldham

Betreuung hilft nicht weiter

Die zunehmende Kinder- und Jugendkriminalität ist nicht abhängig von Nationalität oder von Ethnien, sondern von fehlenden oder unfähigen Bezugspersonen. Und damit von fehlender Nestwärme (Nesthocker). Die Betreuung in der Gruppe (Kasernierung) hilft da nicht weiter. Ist nur billiger. Und die Bezugsperson kann anderweitig verwendet werden (als Arbeitskraft).

Dr. Beowulf Walter, Overath

© SZ vom 18.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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