Asylpolitik:Eine Frage der Grundhaltung

Lesezeit: 3 min

Der Vorstoß von Innenminister Seehofer, die Abschiebung Ausreisepflichtiger zu forcieren, stößt bei einigen Lesern auf Kritik. Sie mahnen, sich mehr um die Fluchtursachen zu kümmern. Andere befürworten den neuen Gesetzentwurf.

Wer wird wie behandelt und wann abgeschoben? Die Vorstöße des Bundesinnenministers sind umstritten. (Foto: Carsten Rehder/dpa)

Zu "Migranten ertrinken vor Libyens Küste" vom 21. Januar, "Seehofers Pläne" vom 16./17. Februar, "Minister ohne Maß" vom 15. Februar und "Über die Grenze" vom 13. Februar:

Fluchtursachen bekämpfen

Absolut nichts Neues hat das Werkstattgespräch der CDU ergeben. Wie gut, dass nicht alle derart unproduktiv und einfallslos sind und immer wieder populistische Augenwischerei betreiben. Einmal abgesehen davon, dass bisher niemand wirklich gesagt hat, welche "Werte" eigentlich vermittelt werden sollten (geschweige denn, dass man sich selbst an diesen vermeintlichen Werten orientieren würde), fehlt offensichtlich in dem Papierprodukt vollkommen, wie man denn überhaupt Migration und Flucht an Ort und Stelle bekämpfen könnte. Man kann natürlich den Kopf in den Sand stecken und sämtliche unliebsamen Themen außen vor lassen; nur muss man sich dann nicht wundern, wenn Menschen in Europa Einlass begehren. Von Waffenlieferungen bis zu Umwelt- und Klimaverbrechen, verbunden mit Ausbeutung ganzer Länder und Missachtung von Menschenwürde - wir sollten uns schnellstens um die Ursachen von Flucht und Migration kümmern und von unserem hohen Ross herunter steigen.

Ingrid Suhr-Täger, Gröbenzell

Nur Erdogan ist schlimmer

Bei Asylbewerbern mit fehlenden Papieren soll die Beweislast umgekehrt werden: Sie müssen nachweisen, warum sie keinen Pass haben, dass sie sich bemühen, ihn beizubringen, dass ihr Heimatland sie nicht zurücknimmt, dass ihnen dort Haft und Folter drohen. Wird Ihr Asylantrag abgelehnt, sollen sie bis zur Abschiebung wie Kriminelle in normalen Justizvollzugsanstalten inhaftiert werden. Und - man traut seinen Augen und Ohren kaum - Personen, die Asylbewerber vor bevorstehenden Abschiebungen warnen sowie Journalisten, die darüber berichten, sollen mit bis zu drei Jahren Gefängnis bestraft werden. Nur der türkische Despot Erdogan toppt das mit seinem Aufruf zur Denunzierung Andersdenkender.

Claus Lehner, München

Was Abschiebungen verhindert

Frau von Bullion ist offenbar blind dafür, dass sie selber "ohne Maß" kritisiert und verurteilt. Was soll denn schäbig daran sein, abgelehnte Asylbewerber, die sich der (freiwilligen) Ausreise entziehen oder verweigern, notfalls unter Zwang zu verabschieden? Klar, je mehr desto besser, denn die Einreise war rechtswidrig und kostet die Steuerzahler Milliarden. Jeder Parksünder kennt die Obrigkeit von Ihrer uncharmanten Seite. Oder ihr Mitgefühl für Migranten ohne Papiere, die mit nicht mehr so viel Nachsicht rechnen können. Das Kommen ohne Papiere verlängert und erschwert die Bearbeitungsdauer und wird meist zum Abschiebehindernis. Da sollen Sanktionen anstößig sein? Nicht ganz klar ist auch die Motivationslage des inbrünstigen Appells an die SPD ("wenn die SPD noch ernst genommen werden will"). Die Funktionärsriege der Partei mag die Stirnen runzeln, in Duisburg-Marxloh und anderorts haben sich die einstigen Stammwähler längst verabschiedet. Und sie werden sich bestätigt fühlen, wenn die Partei dem Appell folgen sollte.

Christoph Schönberger, Aachen

Bleiberecht gegen Ausweis

Ich wirke in einem Priener Helferkreis mit. Die Geflüchteten, die ihre Papiere nicht vorlegen, haben große Angst, sofort in ihr Heimatland abgeschoben zu werden, wenn sie sich ausweisen würden. Sie werden diese von ihnen verlangten Ausweise ihrer Identität nicht vorlegen, solange sie nicht eine Zusicherung erhalten, in Deutschland bleiben zu dürfen. Es wurde ihnen gesagt, dass sie kommen können (2015 laut Frau Merkel). Nun ist es unsere Aufgabe, sie nicht einzusperren oder arbeitslos dahin vegetieren zu lassen, sondern: Falls sie einen Arbeitsplatz oder einen Ausbildungsplatz vorweisen können, Deutsch gelernt haben und in den Jahren, die sie in Deutschland sind, nicht auffällig geworden sind, dann sollten wir sie arbeiten lassen! Sie würden Steuern zahlen, Arbeiten verrichten, für die wir in Deutschland keine Kräfte mehr finden (Gastronomie) und sich integrieren können. Wenn Deutschland sie nicht abschiebt, würden sie auch ihre Papiere besorgen. Werden wir sie einsperren, so ist dies unchristlich, es kostet immens viel Geld und diese Menschen werden total frustriert sein. Das kann doch aber nicht die Lösung sein, die ihnen und uns für die Zukunft sinnvoll weiter hilft!

Margarete Jäckel, Prien

Profilierung zulasten Schwacher

So langsam ist abzusehen, worauf die Profilierungssucht Seehofers abzielt: Man hole die Schwächsten der Gesellschaft, zerre sie ins Licht der Gesetzgebung und "sortiere" sie nach und nach aus. Wir wissen, wohin das führt; man schlage das ein oder andere Geschichtsbuch auf... Das Asylrecht entstand nach dem Zweiten Weltkrieg genau aus dieser leidvollen Erfahrung der Vertreibung und des Verlusts der staatsbürgerlichen Rechte heraus. Menschen, die aus politischen und wirtschaftlichen Gründen verfolgt wurden, sollten Schutz und die bürgerlichen Freiheiten des Aufnahmelandes erhalten. Heute nun geraten auch die Helfer dieser Menschen ins Visier. Das Rad der Geschichte rückwärts drehen - wollen wir so erneut leben?

Cathrin Steuber, Freiburg i. Breisgau

Der falsche Weg

Anstelle Europas Grenzen dicht zu machen und damit selbst daran Schuld zu haben, dass Flüchtlinge im Mittelmeer immer wieder ertrinken, sollte man gemeinsam die Fluchtursachen bekämpfen, die dafür Sorge tragen, dass Menschen diesen gefährlichen Weg in Kauf nehmen für ein besseres Leben! Menschen verlassen nicht aus Spaß an der Freude ihr Land, und davor die Augen zu verschließen ist der falsche Weg!

René Osselmann, Magdeburg

© SZ vom 21.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: