Vorstellungsgespräch:Lauter nette Leute

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Nervös vor dem ersten Bewerbungsgespräch? Nicht nötig, denn es ist gar nicht so schwer, Personalchefs bei Laune zu halten.

Lisa Zimmermann

Dieser entsetzliche Moment, in dem man merkt, dass man es gerade ganz schlimm verbockt, er hat so viele böse Gesichter. Zum Beispiel dieses: "Ja, und welche unserer englischen Sendungen gefällt Ihnen denn am besten?", fragt die freundliche Personalchefin eines großen Fernsehsenders, bei dem man ganz dringend arbeiten möchte und dessen englischsprachiges Programm man zum Besten zählt, was Fernsehen gerade zu bieten hat. Zumindest hat man das gerade der zehnköpfigen Auswahlkommission erzählt. Gesehen hat man dieses tolle Programm allerdings noch nie.

Bewerbungsgespräch
:"Ich lese Faust, mein Vorbild ist Mutter Teresa"

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Ein anderer böser Moment: Der Personalverantwortliche des großen Autowerks hat gerade gefragt, warum man denn ausgerechnet in seinem Unternehmen tätig werde wolle. Und man hört sich antworten: "In Wolfsburg wohnen meine Kumpels, da würde ich gern bleiben." Das klingt leider nur aus eigener Perspektive nach einer durchaus schlüssigen Antwort.

Nach Gesprächen mit jungen Bewerbern bleiben oft ratlose und auch verärgerte Personalchefs zurück. Trotz des andauernden Booms der Bewerbungsratgeber-Branche machen gerade junge Kandidaten immer die gleichen, vermeidbaren Fehler. Dabei würde es völlig ausreichen, die folgenden Regeln zu berücksichtigen:

Tipp eins: Das Unternehmen kennen.

Personalverantwortliche finden immer, dass es eine großartige Chance für einen jungen Bewerber ist, in seinem wirklich tollen Unternehmen zu arbeiten. Also kommt es gar nicht gut an, wenn man diesen Menschen das Gefühl gibt, einer von vielen zu sein. "Es ist mittlerweile so einfach, sich im Internet über ein Unternehmen zu informieren", sagt Pia Palmu, Leiterin Personalenwicklung bei Ikea Deutschland. Und damit meint sie eben nicht nur die Homepage einer Firma, sondern auch Foren und Berichte in Wirtschaftsmagazinen. Man sollte ganz einfach eine Antwort darauf haben, warum man sich überhaupt bei einem Unternehmen beworben hat - zum Beispiel, weil man im Fernsehen einen spannenden Bericht über dessen Expansionspläne im asiatischen Raum gesehen hat.

Tipp zwei: Keine Standardfloskeln.

"Gerade die jungen Bewerber wollen sich immer wahnsinnig gut verkaufen und verstellen sich dabei total", sagt Claudia Fischer, Personalverantwortliche für kaufmännische Berufe bei der Robert Bosch GmbH in Stuttgart. Pia Palmu von Ikea findet besonders die Antworten furchtbar, die offensichtlich aus einem Bewerbungsratgeber heruntergeleiert werden. "Ich bin zielstrebig, gewissenhaft und ehrgeizig - das möchte wirklich keiner mehr hören. Wir wollen die Leute kennenlernen, wie sie wirklich sind", sagt die Personalentwicklerin. Ganz einfach die eigenen Freunde oder die Familie fragen, welche Fähigkeiten sie an einem besonders schätzen. Wer zum Beispiel seit Jahren den Skiurlaub für die Clique organisiert, sollte unbedingt von seinem Organisationstalent berichten.

Auf der nächsten Seite: Auf keinen Fall bluffen, natürlich sein, auf dem Boden bleiben.

Tipp drei: Auf keinen Fall bluffen.

Schlimm: Das laut eigenen Angaben "verhandlungssichere Englisch" stößt grausam an seine Grenzen, wenn der freundliche Personalleiter plötzlich im Gespräch ins Englische wechselt und sich nach den Hobbys erkundigt, und einem partout nicht einfallen will, was noch mal "Häkeln" auf englisch heißt. "Klar ist jeder Lebenslauf ein bisschen feingetunt. Aber er muss stimmen. Personalverantwortliche prüfen Fähigkeiten, die für den Job wichtig sind, nach. Darauf muss sich jeder gefasst machen", sagt Palmu. "Wenn man sich nicht auskennt, lieber zugeben", sagt auch Claudia Fischer von Bosch. Also den Ball ein bisschen flach halten. Dann muss man auch nicht fingernägelkauend darum beten, dass der Personalchef einen Passus im Lebenslauf übersieht, der einen als HTML-Gott ausweist, weil man vom Computer-Nerd aus der Klasse kürzlich erfahren hat, dass die Schrift sich verändert, wenn man diese eckigen Klammern benutzt.

Tipp vier: Natürlich sein.

Oder es zumindest probieren. "Es ist ganz normal, dass fast alle jungen Bewerber wahnsinnig nervös sind", sagt Jannis Tsalikis, Personalreferent bei der Werbeagentur Scholz & Friends Neumarkt in Hamburg. "Manche sind unnötigerweise so eingeschüchtert, dass sie kaum Antworten geben. Das ist für alle Beteiligten ziemlich unangenehm. Ich versuche immer, eine angenehme Gesprächssituation zu schaffen, die dem Kandidaten und mir einen konstruktiven Austausch ermöglicht." Zur Auflockerung beginnen viele Personalchefs ein Vorstellungsgespräch mit der Bitte, doch ein bisschen aus dem Lebenslauf zu erzählen. "Dabei sollte man unbedingt daran denken, sich auf das zu konzentrieren, was für den Job wichtig ist", empfiehlt Tsalikis, "und den Fokus nicht auf Anekdoten aus dem Kindergarten legen".

Tipp fünf: Auf dem Boden bleiben.

Vielleicht hilft gegen die Aufregung wirklich nur eines: Sich bewusst machen, dass Personalchefs eigentlich ganz harmlos sind und einfach nur in einem netten Gespräch den Bewerber kennenlernen und erfahren wollen, warum er für sie arbeiten will und welche Fähigkeiten er dafür mitbringt. Man muss auch nicht in epischen Ausmaßen erzählen, dass zu den eigenen Lieblingsbeschäftigungen das Riverrafting im Grand Canyon gehört, weil man in seinem Bewerbungsratgeber gelesen hat, dass ein spannendes Hobby gut ankommt. Unbedingt zu vermeiden sind aber Lästereien über frühere Lehrer oder den Chef im letzten Praktikum. Damit sollte man lieber weiterhin gute Freunde nach Feierabend quälen.

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