Väter und Elternzeit:Die Gehaltslücke stabilisiert das traditionelle Modell

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Dieses Faktum wird in Deutschland gerne so diskutiert, als sei es ein Gerechtigkeitsproblem. Es darf doch nicht sein, hört man dann, dass eine Frau bei gleicher Kompetenz zehn Prozent weniger verdient als ein Mann. Das stimmt, doch mindestens genauso problematisch ist der Einfluss, den ungleiche Gehälter auf Familien haben. Die Gehaltslücke ist der große Stabilisator des traditionellen Familienmodells. Solange sich hier nichts bewegt, ändert sich auch die Rollenverteilung nicht.

Das kann man an unzähligen privaten Beispielen durchrechnen: Wenn der Mann 3000 Euro verdient, die Frau aber nur 2500, dann ist die Frage, wer seine Arbeit zugunsten der Familie zurückschraubt, schnell beantwortet: Es ist die Frau. "Wir können es uns nicht leisten, dass ich meine Arbeitszeit reduziere", sagen die Männer dann - und das blöde daran ist, es stimmt leider oft. Der Kontostand ist der Killer der guten Vorsätze.

Dies ist das wichtigste Thema der deutschen Familienpolitik. Wer Männern eine andere Rolle in den Familien ermöglichen will, muss die Einkommen der Frauen verbessern. Verglichen damit ist der Rest Kleinkram: Selbst wenn die Kitas in ein paar Jahren perfekt ausgebaut wären, selbst wenn die Vätermonate des Elterngeldes noch beliebter wären, selbst wenn der männliche Hauptverdiener als Rolle noch unpopulärer würde - solange sich die Einkommen von Männern und Frauen nicht annähern, bleiben Männer am Schreib- und Frauen am Esstisch.

Wenn sich das ändert, werden viele Männer vielleicht zunächst irritiert reagieren: Huch, bin ich wirklich nicht mehr derjenige, der das meiste Geld heimbringt? Das kränkt den Mann, keine Frage. Aber es schafft Spielräume. Dann nämlich können Paare freier entscheiden, wer welchen Part in der Familie übernimmt. Und erst dann können Väter ein Leben führen, von dem sie heute nur vor der Geburt ihre Kinder träumen. Es wäre eine echte Entlastung für alle Beteiligten.

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