Steigende Studentenzahlen:Bereit für den Ansturm

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Angesischts des drohenden Studentenansturms auf die Universitäten verspricht Annette Schavan den Hochschulen mehr Geld. Nicht alle glauben daran.

Johann Osel

Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) sieht die Hochschulen gut gerüstet für den erwarteten Ansturm von Studenten, der durch die Aussetzung der Wehrpflicht und die doppelten Abitur-Jahrgänge in einigen Ländern im Sommer bevorsteht. Wenn es deswegen mehr Studienanfänger gebe als zunächst geplant, gebe es auch zusätzliche Finanzmittel, sagte sie, als sie am Dienstag eine Zwischenbilanz zum Hochschulpakt zog.

Nach dem Wegfall der Wehrpflicht in diesem Sommer könnte es in deutschen Hörsälen eng werden. (Foto: dpa)

In der ersten Phase dieser Bund-Länder-Vereinbarung zum Hochschul-Ausbau seien von 2007 bis 2010 etwa 180.000 zusätzliche Studienplätze geschaffen worden - doppelt so viele wie vorgesehen. Für Phase zwei, für die alleine der Bund fünf Milliarden Euro bereitstelle, sollen zusätzlich 275.000 Plätze bis 2015 entstehen. Laut Ministerium haben im vergangenen Jahr insgesamt 441.800 Menschen ein Studium aufgenommen - 46 Prozent des Jahrgangs.

Man werde den Pakt, falls nötig, "über die bisherigen Ziele hinausgehend" weiterentwickeln, wenn die Aussetzung von Wehrpflicht und Zivildienst dies erfordere, versicherte Schavan. Bisher sind die Folgen der Wehrreform noch nicht berücksichtigt worden. Die Hochschulen rechnen mit bis zu 60.000 zusätzlichen Bewerbern. Bei den Prognosen gibt es aber Unwägbarkeiten - etwa, wie viele Schulabgänger sich für den freiwilligen Zivildienst entscheiden. Schavan verwies auch auf die teils unausgelasteten Kapazitäten in Ostdeutschland.

Die Bildungsgewerkschaft GEW nannte die Bilanz "Etikettenschwindel" - die hohen Studentenzahlen zeigen, "dass der Hochschulpakt unterfinanziert ist und das Geld schon vor 2015 ausgehen könnte. Die Erfolgsmeldungen der Ministerin sind in Wahrheit ein Alarmzeichen", sagte Vorstandsmitglied Andreas Keller.

SPD, Grüne und Linke verlangten eine zügige Überprüfung der Prognosen und eine Erhöhung der Mittel. Kai Gehring, hochschulpolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag, sieht den Pakt "massiv unterdimensioniert und dem Studierenden-Boom kaum gewachsen". "Eine Regierung, die über Fachkräftemangel lamentiert, den Studienplatzausbau aber nur nach Kassenlage betreibt, setzt falsche Prioritäten." Die Linke-Expertin Nicole Gohlke warf Schavan vor, die Unis "auf Verschleiß" zu fahren.

Die Ministerin stellte zudem mehr Plätze in Master-Studiengängen in Aussicht, der zweiten Stufe nach dem sechssemestrigen Bachelor. Zuletzt wurde Studenten an mehreren Unis der Zugang zum Master verwehrt, im Gegenzug gilt der Bachelor oft als unzureichend für den Beruf. Studentenvertreter pochen auf einen Master-Rechtsanspruch. Auch Gehring fordert, dieses Problem nicht zu vergessen. Nötig seien Prognosen zum Bedarf an Master-Plätzen, um den Hochschulpakt "bedarfsgerecht zu ergänzen".

© SZ vom 26.01.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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