Spanx-Gründerin Sara Blakely:Ihre Firma macht eine gute Figur

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Spanx setzt jährlich 250 Millionen Dollar um und liegt in 98 von 
100 deutschen Wäscheabteilungen: Unternehmensgründerin Sara Blakely (Foto: Contour by Getty Images)

Sara Blakely wurde mit Miederhöschen die jüngste Selfmade-
Milliardärin der Welt. Von ihr kann man lernen, dass jede erfolgreiche Gründung aus einem Gefühl von Mangel entsteht.

Von Annabel Dillig

Es ist eine sagenhafte Karriere, die Peggy Olson in der Serie Mad Men hinlegt, von der Sekretärin steigt sie zur Werbetexterin, später sogar zur Kreativchefin der Werbeagentur auf. Mitspielen darf sie zunächst nur aus einem Grund: Sie hat 
Ahnung von Lippenstiften. Nachdem sie ihre männlichen Kollegen mit Slogans für den Kosmetikkunden beeindruckt hat, vertraut man ihr auch BHs und Clearasil an.

Die preisgekrönte Serie ist ein Kaleidoskop der Sechzigerjahre. Und sie erzählt nebenbei einen Treppenwitz der Wirtschaftsgeschichte: Frauen wird vor allem dann etwas zugetraut, wenn es um Mode- oder Beautyprodukte geht. Die Pointe: Er ist bis heute gültig.

Die drittreichste Frau der Welt ist L'Oréal-Erbin Liliane Bettencourt, Bobbi Brown wurde mit Kosmetik reich. Die Dermatologinnen Katie Rodan und Kathy Fields mit einem Mittel gegen Akne. Doch die Schillerndste von ihnen ist Sara Blakely, 45, die Erfinderin der Marke Spanx. Ihr Produkt - figurformende Unterwäsche - machte sie mit 41 Jahren zur jüngsten Selfmade-Milliardärin der Welt. Es gibt einiges, das man sich von ihr abschauen kann.

Zunächst, dass jede erfolgreiche Gründung aus einem Gefühl von Mangel entsteht: Melitta Bentz war von den Bröseln im Kaffee so genervt, dass sie das Löschpapier ihrer Kinder zweckentfremdete und 1908 den Kaffeefilter erfand. Joe Gebbia, Brian Chesky und Nathan Blecharczyk, die späteren Gründer von Airbnb, stellten 2007 fest, dass es in San Francisco keinen bezahlbaren Wohnraum für Konferenzteilnehmer gab - kurzerhand vermieteten sie ihr Wohnzimmer unter.

Blakelys Mangel manifestierte sich an einer engen, weißen Hose, unter der sich ihr Slip unvorteilhaft abzeichnete. Der 
Legende nach nahm sie eine Strumpfhose zur Hand, schnitt die Unterschenkel ab und zog sie unter ihre weiße Hose. 
Angenehmer Nebeneffekt: Sie fühlte sich straffer, irgendwie schlanker, als sie wenig später auf eine Party ging.

Miederhöschen gab es vor Spanx nur in Omabeige

Dicht gewebte und daher figurformende Miederhöschen, Strumpfhosen und Bodys gab es vor Spanx nur in der Farbe Omabeige und in entsprechenden Wäscheläden. Blakely machte daraus ein Lifestyleprodukt.

Heute führen 98 Prozent aller deutschen Wäscheabteilungen Spanx. In den USA ist das Wort zum Synonym geworden, wie bei uns Tempo. Die etablierten Hersteller wie Palmers oder Triumph zogen nach, auch Modeketten wie H&M haben inzwischen figurformende Wäsche im Sortiment. Auf Shapewear entfallen heute 15 Prozent des Umsatzes mit Wäsche. In der mittlerweile höchst ausdifferenzierten Warenwelt kommt es nur noch selten vor, dass jemand aus dem Nichts eine so hohe Nachfrage bei der, nun ja, breiten Masse erzeugt.

Für diesen Erfolg trug Blakely ihre Haut buchstäblich zu Markte. Jahrelang, erzählt sie, habe sie sich auf Firmentoiletten umgezogen und das Produkt Einkäufern am eigenen Leib präsentiert. Die glaubten ihr - sie war ja die Expertin. Bis heute sind der Name der Gründerin und das Produkt aufs Engste miteinander verwoben: Sara Blakely ist als Comicfigur auf der 
Packung zu sehen - und sie, die attraktive Blondine, ist das perfekte Model für ihr Produkt. Wie sie selbst haben die meisten Käuferinnen von Spanx Kleidergröße 36 oder 38.

Es gibt noch etwas, das Sara Blakely zum Postergirl junger Unternehmerinnen macht - ihr Gründungsmythos. Es ist die alte Geschichte vom amerikanischen Traum. In der Nullerjahre-Version ist die Tellerwäscherin Vertreterin für Fax
geräte. Faxe! "A humbling experience", sagt Blakely heute.

Die 45-Jährige weiß, wie wichtig dieser Gründungsmythos ist. Und deshalb erzählt sie ihn wieder und wieder, in Keynotes, bei Podiumsdiskussionen und in Interviews. Sie erzählt dann, wie sie mit ihrer Geschäftsidee bei allen Strumpfwarenfabrikanten abgeblitzt ist - bei allen, bis auf einen, der zwei Töchter hatte, die Blakelys Idee genial fanden. Wie sie sich ins Patentrecht eingrub, nächtelang in der Bibliothek, weil das Honorar für einen Patentanwalt die Hälfte ihres Startkapitals gefressen hätte. Wie sie Freunden Schecks anbot, damit sie in den Geschäften ihr Produkt kauften. Wie sie in den frühen Tagen ihrer Firma Freunde anheuerte, um einen Film drehen zu können, der Spanx nicht als Einmannbetrieb in Blakelys Wohnung zeigte, sondern als aufstrebendes kleines Jungunternehmen. Die Storys zeigen: Diese Frau hat einen Plan.

Der nächste Plan: der erste bequeme High Heel

Dazu passt auch, dass sie sehr früh eine Spitzenfrau anheuerte: Laurie Ann Goldman von Coca-Cola war die fünfte Angestellte von Spanx. Sie war es, die die Firma professionalisierte: "Ich behandelte Spanx von Anfang an, als wäre es eine Aktiengesellschaft", sagte Goldman einmal, sie setzte auf professionelle IT und Buchhaltung. Bis heute hat Blakely nicht auf Investoren von außen zurückgegriffen, genauso wenig wie 
sie Werbung nötig hat. Ihre Taktik ist das "Ich-trag's-auch-Geständnis" berühmter Hollywoodfrauen und den Nachahmereffekt, den das hat. Das Unternehmen macht pro Jahr 250 Millionen Dollar Umsatz und ist inzwischen in 40 Ländern vertreten. Ein Börsengang steht bisher aus, Spanx ist weiter zu 100 Prozent im Besitz der Gründerin.

Vor Kurzem kündigte Sara Blakely an, den ersten bequemen High Heel der Welt auf den Markt bringen zu wollen. Die Frau, die Unterwäsche populär gemacht hat, mit der sich angeblich zwei Kilo wegmogeln lassen, will ihrem Motto treu bleiben:
 Wer schön sein will, muss nicht leiden.

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