Schulfach Mathematik:Lehrer, gescheitert an den Hausaufgaben

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Im Fach Mathematik zeigt eine Studie enorme Unterschiede bei den Kompetenzen - lediglich Gymnasialpädagogen schneiden hervorragend ab.

W. Luef

Manche deutschen Grundschüler erhalten Mathe-Unterricht, dessen fachliches Niveau mit jenem in Botswana oder auf den Philippinen vergleichbar ist. Andere bekommen hingegen einen Mathe-Lehrer mit ausgezeichneten fachlichen Fähigkeiten. Beeinflussen können das weder die Schüler noch deren Eltern. Es hängt nämlich davon ab, ob der Klassenlehrer während seines Studiums speziell das Fach Mathematik belegt hat.

Das ist eines der Ergebnisse der internationalen Vergleichsstudie TEDS-M, einer Art Pisa-Studie für angehende Mathe-Lehrer. Insgesamt 20.000 ausgebildete Lehrer aus 17 Ländern sind dafür am Ende ihres Studiums getestet worden. Sie mussten einerseits mathematische Aufgaben lösen und andererseits didaktische Wege beschreiben, wie man komplizierte Inhalte den Schülern am besten vermitteln kann. Für Deutschland zeigt die Studie enorme Qualitäts-Unterschiede in der Lehrerausbildung.

Die Forscher der Humboldt-Universität Berlin und der Universität Hamburg haben 98 verschiedene Ausbildungswege festgestellt, die in Deutschland zu einem Lehramt führen. In den meisten deutschen Bundesländern kann ein Grundschullehrer auch ohne Mathematik-Schwerpunkt im Studium später in der Grundschule Mathe unterrichten - in Berlin können Lehramtsstudenten das Fach sogar völlig weglassen. Beides ist international die Ausnahme. "Mit ihrem überwiegend noch aus der Schule stammenden Wissen können diese Lehrer kaum erfolgreich Mathematikunterricht durchführen", sagte die Studienleiterin Sigrid Blömeke. "Dabei ist Mathe ein Schlüsselfach für die Berufschancen der Kinder."

Ähnlich große Unterschiede stellten die Forscher bei jenen Lehrern fest, die Kinder ab der fünften Schulstufe unterrichten - sie wurden getrennt von den Grundschullehrern getestet. Die angehenden deutschen Gymnasiallehrer schneiden dabei hervorragend ab, sie liegen weit vor europäischen Staaten wie Norwegen, Polen oder der Schweiz. Die Haupt- und Realschullehrer bekämen hingegen so dürftige Fach-Kompetenzen vermittelt, dass sie zum Teil selber Schwierigkeiten hätten, aufwendigere mathematische Aufgaben auf Schüler-Niveau zu lösen, stellt die Stude fest. Und auch bei den didaktischen Kompetenzen liegen sie durchgängig im Umfeld von Ländern wie Oman oder Malaysia. Norwegen schnitt allerdings noch schlechter ab. Auf potentielle Problemschüler würden in Deutschland also ungenügend ausgebildete Lehrer treffen, kritisierte Blömeke. "Das ist alarmierend." Es gebe einen engen Zusammenhang zwischen Lehrerkompetenz und Schülerleistung: Fachlich gute Lehrer führten in der Regel zu guten Schülern.

Die Krux mit den zwei Fächern

Für das fachliche Gefälle in deutschen Klassenzimmern nennen die Forscher zwei Gründe: Haupt- und Realschullehrer unterrichten meist zwei Fächer, während international nur ein Unterrichtsfach üblich ist - und das bei einer vergleichbaren Studiendauer. Der zweite Grund: Die besten Schulabgänger würden sich heutzutage für das Gymnasial-Lehramt entscheiden, nicht für eine Karriere an Haupt- oder Realschulen. Co-Autorin Gabriele Kaiser sagte: "Es möchte heute fast niemand mehr Hauptschullehrer werden." Josef Kraus, Präsident des deutschen Lehrerverbandes, sieht das als Problem. "Wir müssen wieder dafür sorgen, dass wir die Spitzenabiturienten für den Lehrerberuf begeistern können", sagte er der Süddeutschen Zeitung.

© SZ vom 16.04.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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