Probleme bei Studienplatzvergabe:Abiturienten - verloren im Zulassungs-Chaos

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Ein neues, zentrales Zulassungssystem an Hochschulen soll die ZVS ersetzen. Doch die Software funktioniert noch nicht - und viele Abiturienten rätseln, wie sie jetzt an einen Studienplatz kommen sollen.

Tanjev Schultz

Bei Abiturienten herrscht derzeit Verwirrung darüber, wie sie sich für einen Studienplatz bewerben sollen. Grund dafür ist der verpatzte Start eines neuen, bundesweiten Zulassungssystems an den Hochschulen. Viele wüssten nicht, wo und wie sie sich bewerben sollen, sagt die Rektorin der Universität Münster, Ursula Nelles. Und das ausgerechnet in einer Zeit, in der wegen des Wegfalls der Wehrpflicht und doppelter Abi-Jahrgänge besonders viele Bewerber erwartet werden.

Studienplätze gibt es - aber wie bewerbe ich mich dafür? Das zentrale Zulassungssystem sorgt derzeit für Verwirrung unter Abiturienten. (Foto: ddp)

Üblicherweise beginnt Mitte April die Bewerbungszeit für das Wintersemester. An den Unis wächst aber die Skepsis, ob das neue System mit einer zentralen Internetadresse überhaupt noch in diesem Jahr in Betrieb gehen kann. Eine dafür entwickelte Software läuft bisher nicht stabil mit bestehenden Programmen zusammen.

Großen Unmut löst zudem aus, dass das geplante neue Verfahren zunächst nicht für Lehramtsstudiengänge gelten soll und auch nicht für Bachelor-Studiengänge mit mehr als einem Fach. Im Falle der Uni Münster betrifft das etwa zwei Drittel aller Angebote. In dieser Form sei das System "unbrauchbar", sagt Rektorin Nelles. Wie andere Rektoren auch befürwortet sie zwar die Einführung des neuen bundesweiten Verfahrens im Grundsatz. Es hapere gegenwärtig aber an der Umsetzung: "Wir haben deshalb keine andere Wahl, als zu unserem bisherigen System zurückzukehren."

In Nordrhein-Westfalen hat die Landesregierung die Hochschulen allerdings dazu verpflichtet, an dem neuen System teilzunehmen - falls die Stiftung für Hochschulzulassung, die das Projekt koordiniert, das Projekt nicht noch weiter verschiebt. Die Stiftung ist die Nachfolgeorganisation der Zentralstelle zur Vergabe von Studienplätzen (ZVS). Das neue Bewerbungsverfahren ist gedacht für alle lokal zulassungsbeschränkten Studiengänge. Bisher mussten sich Abiturienten dafür bei jeder einzelnen Hochschule bewerben; ein zentrales Verfahren gab es zuletzt nur noch für Pharmazie und die medizinischen Fächer.

Die dezentrale Bewerbung bei einzelnen Hochschulen hat aber nicht nur den Aufwand für die Abiturienten erhöht, sondern auch große Koordinationsprobleme mit sich gebracht. Weil sich viele Studierwillige, um sicher einen Platz zu bekommen, bei mehreren Unis bewerben, wissen die Hochschulen zunächst nicht, wer am Ende wirklich ein Studium bei ihnen beginnt. Die Folge sind aufwendige Nachrückverfahren. In den vergangenen Semestern sind deshalb Zehntausende Studienplätze wochenlang oder ganz unbesetzt geblieben. Das soll die neue Software verhindern.

Im Internet sollen sich Bewerber in Zukunft über das Portal hochschulstart.de bei bis zu zwölf Hochschulen bewerben und jederzeit über den Stand ihrer Bewerbung informieren können.Sobald sie einen Studienplatz annehmen, würden sie an den anderen Unis nicht mehr berücksichtigt und die Plätze wären frei für andere. Mühevolle Nachrückverfahren würden dadurch entfallen.

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Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) finanziert den Aufbau des Systems mit 15 Millionen Euro. Die nötige Software ist von T-Systems entwickelt worden, Hilfe leisten zudem Experten eines Fraunhofer-Instituts. Wie T-Systems betont, funktioniere die Software. Probleme gibt es offenbar an den Schnittstellen - die Hochschulen benutzen noch andere Software, die nicht für das neue Verfahren gerüstet ist. Ursprünglich sollten Abiturienten das neue Bewerbungsportal von Mitte April an nutzen. Doch vor kurzem wurde der Termin auf Mitte Mai verschoben. Im Gespräch ist nun sogar, das ganze Verfahren erst für das Sommersemester 2012 in Betrieb zu nehmen.

An den Hochschulen gibt es Klagen über gravierende technische Schwierigkeiten und über einen massiven Mehraufwand für die Uni-Verwaltung, weil derzeit mehrere Bewerbungsverfahren parallel betrieben werden müssten. Obwohl jetzt die Bewerbungszeit begonnen hat, gibt es also viele Unklarheiten - und darunter, sagt Ursula Nelles von der Uni Münster, würden vor allem die Abiturienten leiden.

© SZ vom 04.04.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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