Private Studiengänge:"Gebt den Hochschulen mehr Autonomie!"

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Privatunis spielen im deutschen Bildungssystem eine untergeordnete Rolle. Kein Wunder, denn viele Studenten scheuen die hohen Kosten. Mehr als 4000 Euro muss man zum Beispiel bei der Macromedia in München pro Semester zahlen. An der Medien-Fachhochschule wünscht man sich daher mehr Gestaltungsspielraum - und schimpft über die Regelungswut der Politik.

Sebastian Krass

Die sieben Semester empfindet Joachim Scheurer als Fessel. Auf sieben Semester muss jeder Bachelor-Studiengang an einer bayerischen Fachhochschule angelegt sein, sechs theoretische, ein praktisches. So will es das Wissenschaftsministerium.

"Manchmal übertrieben": Die angehenden Mediendesigner arbeiten an der privaten Fachhochschule Macromedia in München mit modernster Computerausstattung. (Foto: Stephan Rumpf)

Völlig überflüssig sei diese Regelungswut, sagt Scheurer, Vizepräsident der Macromedia, einer in München ansässigen privaten Fachhochschule für Medien und Kommunikation, die in diesem Jahr Jubiläum feiert. "Es hängt doch am Ende von den Lernzielen ab, ob ein Bachelorstudiengang sechs, sieben oder acht Semester dauern soll. Wir sagen: Gebt den Hochschulen mehr Autonomie und fördert so den Wettbewerb."

Wettbewerb, dieses Wort prägt die Debatten über das Hochschulwesen von Jahr zu Jahr mehr. Staatliche Hochschulen definieren sich zusehends über Forschungsgelder, Auszeichnungen und Ranglistenplätze. Und daneben entwickelt sich ein privater Hochschulsektor. Die erste private Hochschule in Bayern war 1999 die Europäische Betriebswirtschafts-Akademie, heute Munich Business School.

Die Idee, aus der schon bestehenden Akademie heraus eine Fachhochschule für Medien zu gründen, sei 2004 oder 2005 entstanden, sagt Scheurer. "Denn ausgerechnet die Medienstadt München hat sonst keine umfassende Medien-Hochschule."

Die Macromedia bekam 2006 vom Ministerium für zunächst fünf Jahre den Status der Fachhochschule zugesprochen. Sie feiert also ihr fünfjähriges Bestehen. Zugleich wurde sie für weitere zwei Jahre zur Fachhochschule ernannt, in dieser Zeit prüft der Wissenschaftsrat, ob die Macromedia eine dauerhafte Akkreditierung bekommt.

"Ein bisschen Wettbewerb tut gut"

Das Unternehmen wächst. 650 Studenten hat Macromedia in München, plus 1300 an den vier Dependancen in der Republik. Inzwischen bietet es vier Bachelor-Studiengänge an. Der größte mit 360 Studenten in München ist Medienmanagement. Eher klein mit 80 Studenten hier ist Film und Fernsehen. Hinzu kommen bisher zwei Master-Programme.

"Wir wollen alle Aspekte der Medienproduktion und des Medienmanagements abdecken." 2012 oder 2013 soll ein Master für Journalistik hinzukommen. Die Anziehungskraft von Berufen, die "was mit Medien" zu tun haben, scheint ungebrochen. Auf jeden Fall ist sie zu hoch, als dass das Angebot staatlicher Hochschulen ausreichen würde.

Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch (FDP) betrachtet diesen Markt wohlwollend. "Ich werde private Hochschulen im gleichen Rahmen wie bisher unterstützen. Ein bisschen Wettbewerb von dieser Seite tut sicher auch staatlichen Hochschulen gut", sagt er.

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Doch Macromedia-Vizepräsident Scheurer hätte gern noch ein bisschen mehr: "Unser künftiges Wachstum hängt von den künftigen Rahmenbedingungen ab. Dafür brauchen wir die nachhaltige Unterstützung der Politik."

Doch beim Thema flexibler Studiendauer ist das Ministerium genauso unerbittlich wie bei den staatlichen Fördergeldern. "Die Finanzierung müssen sie ohne den Staat hinbekommen", sagt Heubisch. Ausnahmen gibt es nur für die kirchlichen Hochschulen.

Die Haltung der Politik in dieser Frage hält Scheurer für fragwürdig: "Wir entlasten den Staat durch unsere ungefähr 600 Studierenden allein am Standort München um Ausbildungskosten von etwa 15 Millionen Euro." Doch für das Ministerium gelten Studiengänge an privaten FHs als zusätzlich. Sie schaffen demnach keine Entlastung des staatlichen Systems.

4250 Euro pro Semester kostet ein Bachelorstudium an der Macromedia, für Film und Fernsehen sind 4950 Euro fällig. Bei sieben Semestern macht das 29.750, beziehungsweise 34.650 Euro. Auch deshalb würde die Hochschulleitung wohl gern den einen oder anderen sechssemestrigen Bachelor-Studiengang anbieten.

"Akzeptanz ausbaufähig"

Die Studienbedingungen, vor allem die technische Ausstattung, gelten auch unter Studenten dafür als ziemlich gut. "Manchmal übertreiben sie es fast ein bisschen", erzählt einer. Mehr als 70 Professoren beschäftigt die Macromedia, etwa die Hälfte in Vollzeit.

Das Renommee der Hochschule ist allerdings noch nicht vergleichbar mit dem der Hochschule für Film und Fernsehen (HFF). Vize-Präsident Scheurer sagt selbst, dass die öffentliche Akzeptanz hoch, aber auch ausbaufähig sei. Er sieht das Unternehmen noch in der Startphase.

Vorantreiben will er insbesondere die angewandte Forschung und die Internationalisierung. "In drei bis fünf Jahren wollen wir einen Anteil von 20 Prozent ausländischer Studenten erreicht haben."

© SZ vom 02.11.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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