Persönlichkeitstests:Der Schillernde, der Seriöse, der Beliebte

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Bei Stellenbesetzungsverfahren sind viele verschiedene Persönlichkeitstests im Einsatz. Die wichtigsten Modelle im Überblick.

Von Nicole Grün

Der Schillernde

Der Myers-Briggs-Typenindikator, abgekürzt MBTI, ist ein von Carl Gustav Jung inspirierter Typentest. Entwickelt wurde er vor fast 100 Jahren von dem Mutter-Tochter-Gespann Katharine Briggs und Isabel Myers - beide Hobbypsychologen. Angeblich haben bereits mehr als 50 Millionen Menschen diesen Test absolviert. Nach dem MBTI unterscheiden sich Menschen in ihrem Verhalten darin, ob sie introvertiert (I) oder extravertiert (E) sind. Sie nehmen entweder intuitiv (N) oder realitätsorientiert (S) wahr, denken und bewerten emotional (F) oder analytisch (T) und entscheiden spontan aufgrund ihrer Wahrnehmung (P) oder sicher (J) aufgrund vorgefasster Meinungen. Aus der Kombination dieser Dimensionen entstehen 16 starre Persönlichkeitstypen, wobei bestimmte Typen für bestimmte Berufe geeignet sein sollen. Barack Obama ist demnach ein ENFJ, also extravertiert im Verhalten, mit intuitiver Wahrnehmung, emotional im Denken und sicher in seinen Entscheidungen - und damit ein geborener Führer. Dass der MBTI trotz seiner mangelnden Wissenschaftlichkeit so beliebt ist, liegt auch am sogenannten Barnum-Effekt: Die Beschreibung der Typen ist ähnlich wie bei Horoskopen so vage und schmeichelnd gehalten, dass sich ein jeder darin wiedererkennt. Gut die Hälfte der Probanden erzielt allerdings ein anderes Ergebnis beim zweiten Durchführen des Tests, er ist also nicht verlässlich. Auf www.16personalities.com kann man sich selbst testen und herausfinden, mit welchen Prominenten man sich den Typ teilt.

Der Beliebte

DISG heißt das Modell, das in Deutschland am weitesten verbreitet ist. Es beruht auf der Theorie von William Moulton Marston von 1928, dass manche Menschen eher dominant (D), initiativ/überzeugend (I), stetig (S) oder gewissenhaft (G) reagieren. Jedem Typ wird dabei eine Farbe zugeordnet. Dominante Typen (rot) mögen Wettbewerb und Herausforderung und sind oft Führungskräfte. Vorwiegend initiative Menschen (gelb) sind begeisterungsfähig, emotional und gesellig. Sie haben viele Ideen und verzetteln sich gerne. Wer stetig ist (grün), ist loyal und hilfsbereit, besonnen und scheut Konflikte, wirkt in seiner Abteilung aber häufig als Ruhepol. Gewissenhafte (blau) sind diszipliniert, faktenorientiert und akkurat. Bei den Fragen muss man sich entscheiden, welche Aussage oder Eigenschaft (etwa korrekt, fröhlich, hilfsbereit oder aktiv) am besten zutrifft und welche am wenigsten. Das lässt keinen Raum für Zwischentöne. Zudem lässt sich die Ausprägung der Merkmale nicht mit der anderer Menschen vergleichen. Wie der MBTI ist der DISG nicht wissenschaftlich validiert.

Der Seriöse

Das auch als "Big Five" bezeichnete Fünf-Faktoren-Modell (FFM) gilt als universelles Standardmodell in der Persönlichkeitsforschung - der Goldstandard sozusagen, denn dieses Modell ist weltweit empirisch bestätigt. Es basiert auf der Erkenntnis, dass sich menschliche Eigenschaften auf fünf Faktoren herunterbrechen lassen: Extraversion (optimistisch, gesellig), Gewissenhaftigkeit (leistungsbereit, diszipliniert), Offenheit für Erfahrungen (neugierig, aufgeschlossen), Verträglichkeit (selbstlos, mitfühlend) und Neurotizismus (labil, ängstlich). Anhand der Ausprägung dieser Merkmale können Verhaltensmuster vorhergesagt werden. Zum Beispiel ist wissenschaftlich erwiesen, das Gewissenhafte bessere Leistungen bringen und Menschen mit hohen Neurotizismus-Werten zu Burnout neigen. Der bekannteste Vertreter eines FFM ist das NEO-Persönlichkeitsinventar. Es beinhaltet Fragen wie "Ich versuche, zu jedem freundlich zu sein", die man auf einer fünfstufigen Skala mit starker Ablehnung bis starker Zustimmung beantworten kann.

Der Wissenschaftliche

Bochumer Inventar zur berufsbezogenen Persönlichkeitsbeschreibung (BIP) wurde an der Uni Bochum entwickelt und ist nach allen Regeln der Kunst wissenschaftlich validiert. Es umfasst mehr als 200 Fragen, die 17 berufsrelevanten Schlüsselkompetenzen aus den vier Bereichen "Berufliche Orientierung", "Soziale Kompetenzen", "Arbeitsverhalten" und "Psychische Konstitution" erfassen. Fragen wie "In Diskussionen wirke ich ausgleichend" kann man auf einer sechsstufigen Skala mehr oder weniger zustimmen. Daraus ergibt sich ein facettenreiches, differenziertes Bild des Probanden. Ergebnisse verschiedener Menschen lassen sich miteinander vergleichen. Zudem kann das BIP ähnlich wie das Fünf-Faktoren-Modell Aspekte wie Berufserfolg oder Arbeitszufriedenheit recht zuverlässig vorhersagen.

Die Modifizierten

Daneben gibt es viele Persönlichkeitstests, die sich aus den genannten Modellen entwickelt haben. Tests wie der Persolog oder der Insights MDI basieren auf dem DISG und erhalten von Forschern schlechte Noten. Das Hexaco oder das Hogan Personality Inventor berufen sich auf die "Big Five", ergänzen diese aber um zusätzliche Dimensionen. Der Golden Profiler of Personality beruht auf dem MBTI und gilt unter Experten aus theoretischer, empirischer und pragmatischer Sicht als unzureichend. Wissenschaftliche Bewertungen verschiedener Tests kann man unter www.psyndex.de/tests/testkuratorium einsehen.

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