Medizinstudium:Hoffentlich bleiben sie

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Gründungsdekan Dieter Nürnberg. (Foto: Privat)

Brandenburg will den Landarztmangel auf eigene Weise bekämpfen: Eine neue Medizin-Universität setzt auf den Klebe-Effekt.

Interview von Anne-Ev Ustorf

Das Land Brandenburg geht einen besonderen Weg, um den Landarztmangel zu bekämpfen. Dieter Nürnberg, fast 25 Jahre lang Chefarzt für Innere Medizin an den Ruppiner Kliniken, hat gemeinsam mit Kollegen vom Städtischen Klinikum Brandenburg eine neue Uni gegründet: die Medizinische Hochschule Brandenburg Theodor Fontane (MHB).

SZ: Herr Nürnberg, seit einem Jahr leiten Sie als Gründungsdekan die MHB in Neuruppin. Warum dieser Schritt?

Dieter Nürnberg: Wir können in Brandenburg auf den Dörfern inzwischen viele allgemeinmedizinische Praxen nicht mehr nachbesetzen. Auch an den Kliniken können wir kaum noch junge Kollegen begeistern, hier an der medizinischen Grundversorgung mitzuwirken. Und der Bedarf wird weiter ansteigen. Das hat uns veranlasst, darüber nachzudenken, ob das Land Brandenburg mit den hier angesiedelten Krankenhäusern und Praxen nicht selbst etwas dazu beitragen kann, junge Ärzte auszubilden und nach Brandenburg zu holen. Brandenburg war bislang das einzige Bundesland ohne eigene medizinische Fakultät.

Sie wollen an der neuen Hochschule also gezielt Landärzte für Brandenburg ausbilden?

Ziel war, dass wir jungen Brandenburgern eine Möglichkeit bieten, im eigenen Bundesland zu studieren - und dies auf eine ganz eigene Weise. Unser Brandenburger Modellstudiengang Medizin ist sehr praxisorientiert, vom zweiten Semester an haben Studierende die Möglichkeit, den Alltag einer Praxis und eines Landarztes kennenzulernen, indem sie alle zwei Wochen einen Tag in einer Lehrpraxis mitarbeiten. Im fünften und sechsten Semester wechseln sie dann für das Studium von Neuruppin nach Brandenburg an der Havel und arbeiten in Facharztpraxen. Unser Forschungsschwerpunkt liegt in der Medizin des Alterns, wir sind als Flächenland ja besonders betroffen vom demografischen Wandel.

Im Sommersemester 2015 haben Sie losgelegt. Wie läuft es an?

Sehr gut. Wir haben vor einem Jahr 48 Studierende aufgenommen, die wir aus 450 Bewerbern auswählen konnten. Nun ist gerade der zweite Jahrgang gestartet, für den sich bereits 600 junge Menschen beworben hatten. Ein Fünftel der Studierenden kommt aus Brandenburg, ein Fünftel aus Berlin und die anderen kommen aus den weiteren Bundesländern. Alle sind hochmotiviert, viele haben schon eine Ausbildung im medizinischen Bereich gemacht. Die Studierenden schätzen außerdem den persönlichen Kontakt zu den Lehrenden: Unsere Gruppen sind klein, auf acht Studierende kommt ein Professor oder Lehrbeauftragter.

Das muss ja auch bezahlt werden. Wie viel kostet es, an der MHB Medizin zu studieren?

Die Studiengebühren betragen regulär 115 000 Euro fürs Komplettstudium. Wenn man aber einen Vertrag mit einem der 21 kooperierenden Krankenhäuser aus dem Brandenburger Netz schließt und sich verpflichtet, nach Abschluss des Studiums fünf weitere Jahre in der Klinik tätig zu sein und sich hier zum Facharzt weiterzubilden, dann reduzieren sich die Gebühren auf 35 000 Euro. Rund zwei Drittel unserer Studierenden nutzen die Finanzierungsmöglichkeit eines solchen Klinikdarlehens.

Dennoch: Wer kann sich das leisten?

Ein Studium an der MHB kann sich jede und jeder leisten. Da das Darlehen erst dann zurückgezahlt werden muss, wenn man schon im Arztberuf ist und eigenes Geld verdient, ist das Einkommen der Eltern nicht entscheidend.

Und so binden Sie die Studierenden ans Land Brandenburg.

Der Sinn dahinter ist nicht so sehr die Verpflichtung, sondern die Offerte einer zusammenfassenden Ausbildung - inklusive Facharztausbildung - in einem Klinikum. Aber wir gehen natürlich davon aus, dass nach fünf Jahren Studium, einem Praktischem Jahr und weiteren fünf Jahren Facharztausbildungen in Brandenburg der eine oder andere hier bleiben wird. Da setzen wir auf den MHBKlebe-Effekt.

© SZ vom 09.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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