Kurzarbeit:Zeit für Nützliches

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Die Regierung fördert Weiterbildung in Betrieben mit Kurzarbeit. Trotzdem lassen nur wenige Unternehmen ihre Mitarbeiter etwas lernen. Das soll sich im neuen Jahr ändern.

Kurzarbeit ist in der Wirtschaftskrise in vielen Unternehmen bereits Alltag geworden - und wird es wohl noch einige Zeit bleiben. Nach einem Beschluss der Bundesregierung von Ende November können Unternehmen Kurzarbeitergeld auch im kommenden Jahr noch in Anspruch nehmen. Außerdem fördert die Regierung Weiterbildungen während der Kurzarbeit. Davon machen Unternehmen bisher allerdings nur zögerlich Gebrauch. Die Arbeitgeber rechtfertigen das vor allem mit dem hohen Aufwand, der mit kurzfristigen Qualifizierungen verbunden ist.

Weiterbildung während der Kurzarbeit wird von der Regierung finanziell gefördert - aber nur wenige Unternehmen nutzen diese Option für ihre Mitarbeiter. (Foto: Foto: dpa)

Die Deutschen bilden sich im internationalen Vergleich ohnehin wenig weiter. Jeder absolviert während seiner Karriere laut einer Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) im Schnitt 398 Weiterbildungsstunden. In Frankreich (713), der Schweiz (723) oder Dänemark (943) sind es deutlich mehr. Dabei klagt auch hier die Wirtschaft über einen Fachkräftemangel: "Deswegen appellieren wir an die Arbeitgeber, die Zeit der Kurzarbeit für Qualifizierung zu nutzen", sagt Adriana Galunic, Sprecherin der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg.

Die Bundesregierung hat es den Unternehmen inzwischen noch leichter gemacht, ihre Mitarbeiter während der Kurzarbeit weiterzubilden: Die verbesserten Förderungen wurden angesichts der drohenden Rezession schon Ende 2008 beschlossen. Dabei gibt es nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit grundsätzlich zwei Fördermöglichkeiten: Eine für gering Qualifizierte ohne Berufsabschluss sowie für Mitarbeiter, die in einem Beruf tätig sind, für den sie keine Ausbildung haben, und eine weitere für alle anderen Arbeitnehmer.

Zaghafte Akzeptanz

Für die gering Qualifizierten erstattet die Arbeitsagentur die vollen Lehrgangskosten sowie einen Zuschuss zu Fahrt- und Kinderbetreuungskosten. Für alle anderen werden 25 bis 80 Prozent der Weiterbildungskosten bezahlt. Abhängig ist die Höhe dieses Zuschusses von der Art der Qualifizierung, der Betriebsgröße und vom Arbeitnehmer. Trotz dieser Finanzierungsmöglichkeiten wird die Förderung nur zaghaft angenommen: Von Januar bis September haben nur 67.000 Menschen eine subventionierte Qualifizierung während der Kurzarbeit absolviert. Darunter waren 16.300 gering Qualifizierte und 50.700 weitere Arbeitnehmer.

"Das ist gemessen an der Zahl der Kurzarbeiter verschwindend gering", kritisiert Klaus Heimann, Bildungsexperte der Gewerkschaft IG Metall in Frankfurt. Allerdings räumt der Gewerkschafter ein, dass es für die Arbeitgeber nicht immer ganz leicht sei, die Qualifizierung in der Kurzarbeit zu organisieren. "Für sie ist Qualifizierung während der Kurzarbeit durchaus mit Hürden verbunden", bestätigt Torsten Petrak, Arbeitsmarkt-Experte der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) in Berlin. So sei beispielsweise für kleinere Unternehmen die Förderung recht unübersichtlich und kompliziert.

Organisatorischer Aufwand

"Für Großunternehmen bedeutet es einen oft nicht leistbaren organisatorischen Aufwand, für eine große Zahl von Mitarbeitern kurzfristig geeignete und sinnvolle Weiterbildungsmaßnahmen einzurichten", sagt Petrak. Das gelte umso mehr, wenn diese gleichzeitig mit dem weiteren Betriebsablauf abzustimmen sind.

Klaus Heimann von der IG Metall hat zwar Verständnis für die Probleme vieler Unternehmer mit der Organissation der Kurzarbeit. Diese sind seiner Meinung nach aber oft hausgemacht. Unternehmen müssten in Sachen Weiterbildung professionell aufgestellt sein: "Wenn man in der Krise erst bei Null anfängt, dann wird es schwierig."

Als Einzelperson kein Anspruch

Es gibt aber auch andere Hürden: So habe der Chef für die Zeit des Arbeitsausfalls während der Kurzarbeit kein Weisungsrecht gegenüber dem Mitarbeiter. Ein Arbeitnehmer könne die Qualifizierung daher grundsätzlich ablehnen, sagt Petrak. Umgekehrt können Arbeitnehmer, deren Unternehmen keine Fortbildungen anbieten und die auf eigene Faust einen Kurs besuchen möchten, sich diesen nicht aus dem Fördertopf der Arbeitsagentur bezahlen lassen. "Als Einzelperson habe ich keinen Anspruch auf Förderung", erklärt Gewerkschafter Heimann.

Weil das Interesse an den Fördergeldern bislang so gering war, ist der Topf noch reich gefüllt. Insgesamt stehen gut 166 Millionen Euro zur Verfügung, die teilweise aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) stammen. Bis Ende September war nur ein sehr kleiner Teil davon abgerufen worden: 21 Millionen gab die Bundesagentur für Arbeit bislang für gering Qualifizierte aus, nur 11 Millionen waren es bei den übrigen Beschäftigten. IG Metall-Bildungsexperte Klaus Heimann appelliert an die Firmen, sich um die Fördergelder zu bemühen und ihre Mitarbeiter durch eine Qualifizierung fit für die Zukunft zu machen. "Das Thema ist auch im Jahr 2010 noch nicht durch."

Mehr Informationen: Das Bundesarbeitsministerium hat eine Telefon-Hotline zum Thema Kurzarbeit eingerichtet. Sie ist unter 01805/67 67 12 (14 Cent pro Minute) zu erreichen.

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