Klagen von Studenten:Zulassung zum Master-Studium gerichtlich erkämpft

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1700 Bewerbungen auf 215 Plätze: Schon jetzt gibt es weniger Master-Studienplätze als Bachelor-Absolventen. Und mit den doppelten Abiturjahrgängen wird sich die Situation noch verschärfen. Immer mehr Studenten ziehen deshalb vor Gericht - um sich einzuklagen.

Ralf Steinbacher

Die wenigsten Studenten wollen sich mit einem Bachelor-Abschluss begnügen. Die meisten wünschen sich ein Master-Studium. So hat es vor kurzem das Hochschul-Informations-System in Hannover ermittelt. Wegen der begrenzten Zahl von Studienplätzen ist die Verunsicherung jedoch groß. Wird man einen Platz bekommen? Was kann man tun, wenn man abgewiesen wird? Eine Möglichkeit: vor Gericht ziehen.

Studienplätze in Masterprogrammen sind knapp - zahlreiche Studenten gehen deshalb vor Gericht, um ihre Zulassung einzuklagen. (Foto: dapd)

Genau lässt sich nicht sagen, wie viele die juristische Karte ausspielen, um einen Studienplatz zu bekommen. Der auf Hochschulrecht spezialisierte Anwalt Matthias Trenczek schätzt, dass es jedes Jahr mehr als 10.000 Verfahren gibt. Diese Zahl beinhaltet allerdings auch die große Menge der Klagen derjenigen, die noch ganz am Anfang stehen und nicht für die Zulassung zum Master, sondern etwa für einen Studienplatz in Medizin kämpfen. Dennoch: Es geht immer häufiger vor Gericht, auch für den Master.

Die Klagegründe sind so unterschiedlich wie die Zulassungsordnungen der Universitäten. Es kommt darauf an, welcher Punkt juristisch angreifbar erscheint. Mal geht es darum, ob Kriterien zur Zulassung für das Masterstudium an einer anderen Hochschule erfüllt wurden, mal darum, wie stark die Bachelor-Note gewertet werden muss (beides Fälle aus Münster). In anderen Fällen geht es um die Transparenz einer Eignungsprüfung (ein Beispiel aus München).

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg hat sich vor kurzem mit dem Fall einer Studentin befasst, die von der Universität Potsdam erst gar nicht zum Zulassungsverfahren für den Master-Studienplatz eingeladen wurde. Der Grund: Die Bachelor-Note sei zu schlecht gewesen. So ein Numerus clausus sei aber nicht zulässig, urteilte das Gericht in zweiter Instanz, wenn er eine absolute Zugangshürde darstelle - eine Entscheidung, die nicht nur in Berlin und Brandenburg interessiert.

Geklagt hatte eine Studentin mit einem Schnitt von 3,0. Die Uni hatte den Zugang zum Zulassungsverfahren aber auf Bewerber mit 2,5 oder besser beschränkt, obwohl sie genügend Plätze hatte, schlechtere Bewerber aufzunehmen. Bei einigen Bewerbern hatte sie das auch getan.

Der Asta der Uni Potsdam sieht sich nun bestätigt. Bundesweit kämpfen Studentenvertreter schon seit Jahren gegen absolute Zugangsschranken vor dem Master-Studium. Was die Entscheidung für die Studenten praktisch bedeutet, erklärt Studierendenvertreter Roy Kreutzer so: Wenn die Hochschule künftig beispielsweise 34 Plätze vergeben könne, dürfe man auch mit 4,0 studieren, wenn man es mit diesem Notenschnitt auf einen der 34 Plätze schaffe. Bis zur Kapazitätsgrenze müssten also alle Bewerber für den Master zugelassen werden.

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Das Gericht hat außerdem einer Auffassung widersprochen, die von vielen Hochschulen vertreten wird: Ein Master-Studium ist kein Zweitstudium. Der Rechtsanwalt Matthias Trenczek, der das Verfahren begleitet hat, sieht darin eine wichtige Entscheidung, mit der sich das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg deutlicher positioniere, als dies andere Gerichte getan hätten. Das bedeute nämlich, dass Universitäten keine zu hohen Hürden aufbauen dürften.

Grundrecht auf freie Berufswahl

Laut Gerichtsbeschluss ist es im Hinblick auf das Grundrecht der freien Berufswahl egal, ob sich jemand beruflich qualifiziert durch einen Studiengang mit einer Zwischenprüfung, also etwa in einem Magisterstudium, oder durch einen zweigeteilten Studiengang mit einen ersten Abschluss, also durch ein Bachelor- mit anschließendem Master-Studium. Denn der Master-Abschluss sei nötig, um bestimmte Berufe, wissenschaftlich ausgerichtete zum Beispiel, überhaupt ergreifen zu können.

Der Kampf um Master-Studienplätze wird dennoch weitergehen. Langfristig wird nur für jeden dritten Bachelor ein Master-Platz zur Verfügung stehen, schätzt der Deutsche Hochschulverband. Das Geld aus dem Hochschulpakt, den Bund und Länder geschlossen haben, werde hauptsächlich in neue Bachelor-Studiengänge investiert. Hintergrund sind die steigenden Studierendenzahlen. Für den Master bleibt da nicht genug übrig. In Köln gab es schon mal 1700 Bewerbungen für nur 215 Plätze. Wie soll es weitergehen, wenn der Master weiter so beliebt bleibt? In wenigen Jahren haben die Studenten aus den doppelten Abiturjahrgängen in Bayern und Niedersachsen (Studienbeginn 2011), Baden-Württemberg (2012) und Nordrhein-Westfalen (2013) ihren Bachelor in der Tasche. Viele davon werden auch den Master draufsatteln wollen.

Flexibilität allein genügt nicht

Flexibilität bei der Wahl des Studienortes wird sicher nicht genügen. Sie könnte allerdings dazu beitragen, die Lage etwas zu entspannen. Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) betont immer wieder, dass derzeit Tausende Master-Studienplätze frei seien. Doch laut Hochschul-Informations-System will nur ein Viertel der Studenten für den Master die Uni wechseln. Die wenigsten möchten dafür in ein anderes Bundesland ziehen.

Eine Garantie, den Master an der Wunsch-Uni machen zu können, gibt es nicht. Auch nicht in Berlin und Brandenburg, trotz des OVG-Beschlusses. Die Universität Potsdam wird eigenen Angaben zufolge in den Master-Zulassungsordnungen nun aber keine Mindestnoten mehr festsetzen. Die Klägerin sei vorläufig zum Master-Studium zugelassen.

© SZ vom 11.07.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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