Jobsuche im Ausland:Rückwärts durch den Lebenslauf

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Andere Länder, andere Bewerbungsrituale: Wer seinen ersten Job im Ausland antritt, sollte sich vorher mit den Gepflogenheiten des Gastlandes vertraut machen.

Jeannette Goddar

Sie wollen sich bewerben? Dann merken Sie sich erst einmal Folgendes, auch wenn es schwer fällt: Bitte erwähnen Sie in der Bewerbung weder Ihr Alter noch Ihr Geschlecht, auch nicht Ihren Familienstand, schon gar nicht Ihre Religion. Legen Sie keinesfalls ein Foto bei. Und kommen Sie nicht auf die Idee, sich über Ihre Abstammung, geschweige denn den Beruf Ihrer Eltern auszulassen.

"Gerade wenn man aus so genanntem guten Hause kommt, Vater oder Mutter zum Beispiel Ärzte sind, könnte das einen gegenteiligen Effekt haben: Der potenzielle Arbeitgeber würde nämlich unter Umständen glauben, man wolle sich mit dieser Angabe eine Reputation verschaffen, die einem aufgrund eigener Qualifikationen gar nicht gebührt". Klingt eigentlich schlüssig, wie Bernd Feyand, zuständiger Experte in der Zentralstelle für Arbeitsvermittlung (ZAV) in Bonn, die Ratschläge begründet.

Zuständig, das heißt im Falle Feyands: zuständig für Deutsche, die in den USA oder in Kanada arbeiten möchten. Dort nämlich sieht eine Bewerbung vollkommen anders aus als in Deutschland. Nicht nur, weil auf alle möglichen Angaben zur Person, die aus amerikanischer Sicht Anlass zur Diskriminierung bieten könnten, verzichtet wird.

Other Skills and Experiences

Auch der Lebenslauf, hier Resume genannt, wird anders als in Deutschland strukturiert: Begonnen wird in jedem einzelnen Abschnitt mit dem jüngsten Ereignis, nicht mit dem am weitesten zurückliegenden.

Inhaltlich stehen stärker als in Deutschland die Fähigkeiten, Leistungen und praktische Erfahrungen im Vordergrund - und nicht die persönlichen Daten.

In der Regel umfasst ein typischer Lebenslauf nach amerikanischem Vorbild folgende Kapitel: Work Experience (Arbeitserfahrungen); Achievement, Accomplishment (Erfolge); Education and Qualifications (Ausbildung, Studium - ganz wichtig sind hier auch Name und Ort der Ausbildungsstätte); Other Skills and Experiences (sonstige Kenntnisse).

Unter letztere fallen Computer- und Sprachkenntnisse, aber auch ehrenamtliche Tätigkeiten im sozialen oder gesellschaftlichen Bereich, zu denen jeder Arbeitsberater den Ratschlag gibt: Unbedingt erwähnen! Der Lebenslauf sollte möglichst auf eine einzige DIN A4-Seite passen, die an den ebenfalls einseitigen Cover Letter, das Anschreiben, angehängt wird.

Wer das Prinzip der amerikanischen Bewerbung einmal verstanden hat und glaubt, es ohne weiteres auch auf andere englischsprachige Länder, beispielsweise auf Großbritannien, übertragen zu können, irrt allerdings schon wieder: Dort nämlich heißt der Lebenslauf Curriculum Vitae oder nur kurz CV, das Anschreiben Covering Letter.

Auch spielt die Persönlichkeit des Bewerbers eine größere Rolle als in den USA: Im Idealfall gelingt es dem Kandidaten, schon im Anschreiben ein Bild seiner Persönlichkeit zu zeichnen; für weitere Eindrücke muss das Curriculum Vitae herhalten. Dort nämlich wird an die in den Vereinigten Staaten üblichen Kategorien eine weitere mit dem Titel Hobbies, Interests angehängt. Die auch in Deutschland oft als albern empfundene Rubrik listet persönliche Vorlieben wie "Kochen, Reiten, Fahrradfahren" auf. In Großbritannien gilt jedoch ebenfalls: Der Familienstand bleibt Privatsache.

Bewerbungen in sämtliche skandinavische Länder, die Niederlande sowie Bewerbungen auf internationale Tätigkeiten können problemlos in englischer Sprache verfasst werden. Dies trifft ebenfalls auf Job-Angebote aus den meisten Ländern Asiens und Afrikas zu. Ansonsten gilt: Man sollte möglichst in der Sprache der Stellenausschreibung antworten.

Bitte von Hand geschrieben

Falls keine Stellenausschreibung vorliegt und man es mit einer so genannten Initiativbewerbung auf gut Glück versucht, empfiehlt sich in kritischen Fällen ein Blick auf die Landkarte.

"In Belgien sollte man dringend vermeiden, an Wallonen eine Bewerbung in flämischer Sprache zu schicken oder nach Flandern eine französische", erklärt ZAV-Sprecherin Sabine Seidler.

Wer sich in Belgien niederlassen will, sollte allerdings auch noch auf eine ganz andere Besonderheit achten: Gerade in Wallonien ist es wie auch in Frankreich noch durchaus üblich, die Bewerbung handschriftlich zu verfassen - jeder dritte Arbeitgeber, so heißt es bei der ZAV, lasse regelmäßig graphologische Gutachten erstellen.

Schreib niemals "Miss"

Grundsätzlich gilt als Richtlinie für Bewerbungen im Ausland: Das Mitsenden von Zeugniskopien ist fast überall unüblich. Gängiger ist in vielen Ländern die Angabe von Referenzpersonen, beispielsweise frühere Arbeitgeber. Nicht selten werden diese tatsächlich auch von den potenziellen neuen Chefs kontaktiert.

Im Falle kreativer Tätigkeiten kann im übrigen erwogen werden, ausgewählte Arbeitsproben mitzuschicken.

Ebenfalls gilt in allen Ländern - aber im übrigen auch in Deutschland: Das Anschreiben sollte nie an "Dear Sirs" oder "To whom it may concern" gerichtet sein. Eine gute Bewerbung erkennt man auch daran, dass der Kandidat im Vorhinein den richtigen Ansprechpartner im Unternehmen ausfindig gemacht hat. Also immer an Mr. Miller oder Mrs. Smith - nie aber an eine etwaige Miss schreiben!

© (SZ vom 2.2.2002) - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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