Jobs mit Zukunft:Wer den Wandel verschläft, hat verloren

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Selbst in wirtschaftlich schweren Zeiten gibt es Jobs. Worauf sich junge Leute jetzt konzentrieren sollten und welche Fähigkeiten wichtig werden.

A. Hagelüken und A. Mühlauer

Am Anfang ist es ein Wunsch, weiter nichts. Der Wunsch, einmal Feuerwehrmann zu werden. Oder Arzt. Vielleicht, weil der Vater einer ist, oder weil man so sein möchte wie der Zeichentrickheld im Fernsehen. Bis man sich letztlich entscheidet, was man wirklich machen will, wechseln Berufswünsche oft wie das Wetter.

Jobsuche in Krisenzeiten: Junge Menschen sollten schon früh beobachten, wo die eigenen Stärken und Schwächen liegen. (Foto: Foto: dpa)

Früher war es einfacher, etwas zu werden, da galt das Prinzip: Das lerne ich, das bin. Und das werde ich auch bleiben. "Heute ist nicht mehr klar, was man einmal machen wird", sagt Claudia Eckstaller, Professorin für Betriebswirtschaft an der Hochschule München. In Zukunft, so die Expertin für Personalwesen, werde es wichtiger, sich auf eigene Fertigkeiten zu konzentrieren, statt sich auf den einen Job vorzubereiten. Junge Menschen sollten schon früh beobachten, wo die eigenen Stärken und Schwächen liegen.

Was begeistert mich?

Im Mittelpunkt stehen dabei die Fragen: Was interessiert mich? Was begeistert mich? Was fesselt mich länger als eine Minute? "Das kann man ausprobieren", meint Eckstaller, etwa beim Fernsehen. Welche Sendung schaue ich mir gerne an: Wissensmagazine, Sport-, Technik- oder Tierbeiträge? Immer häufiger schauen junge Leute aber gar nicht fern, sie treffen sich bei Facebook und StudiVZ im Internet oder sind in virtuellen Welten wie Second Life unterwegs. Viele Eltern können damit nichts anfangen. Sie verstehen die neuen Spielplätze ihrer Kinder nicht. Dabei, so Eckstaller, boome die Videospielbranche, und die brauche eben Menschen, die sich in virtuellen Welten auskennen. Ein Beruf, den es vor zwei Jahrzehnten so noch nicht gab.

Fest steht: Auch in wirtschaftlich schweren Zeiten gibt es Jobs. Selbst im Jahr 2005, als die Zahl der Arbeitslosen erstmals über die Fünf-Millionen-Marke stieg, wurden Daten des Instituts der deutschen Wirtschaft zufolge mehr als 6,3 Millionen Arbeitsverträge unterschrieben. Bleibt nur die Frage: Welche Jobs haben Zukunft?

Lernen endet nicht mit dem Diplom

Eines zeigt sich immer deutlicher: Berufe verändern sich. Dumm nur, wenn man sich selbst nicht verändert. "Um attraktiv zu bleiben, muss man an sich arbeiten", sagt Eckstaller. Das Lernen endet nicht mit dem Diplom oder Meisterbrief. Als das Internet kam, musste auch der Malermeister plötzlich Neues lernen, denn viele Aufträge kommen heute übers Netz.

Zwei Fragen sind es, die sich Arbeitnehmer immer wieder stellen sollten, so Eckstaller. Erstens: Was macht meinen Wert aus? Und zweitens: Wie kann ich am Arbeitsmarkt bestehen?

Auf der nächsten Seite: Warum Akademiker noch immer gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben.

Fataler Zyklus

Nehmen wir den Beruf des Arztes. Je nach Fachrichtung hat sich das Jobprofil dramatisch verändert. Mehr denn je brauchen Mediziner ein Gespür für Technisches. Sie müssen mit Lasertechnik umgehen können, mit Computerprogrammen. Die Zeiten, als Skalpell und Röntgenstrahlen genügten, sind vorbei. Wer diesen Wandel verschläft, den braucht die Arbeitswelt irgendwann nicht mehr.

Bei Naturwissenschaften droht zurzeit wieder ein fataler Zyklus. In den 80er und 90er Jahren entließen die Firmen gut ausgebildete Fachkräfte. Schulabgänger verstanden das als Warnsignal, bloß nicht Informatik oder Ingenieurwissenschaften zu studieren. Mit dem Ergebnis, dass ein paar Jahre später die Fachkräfte fehlten.

Ingenieure gesucht

Eine solche Entwicklung könnte es auch dieses Mal geben. Dabei sollten junge Leute wissen, dass sowohl Informatik als auch Ingenieurwissenschaften langfristig attraktiv sind. Die Botschaft ist: Nicht von kurzfristigen Trends verunsichern lassen. Mitten in der Krise gibt es noch Fachkräftemangel. Die Unternehmen suchen nach einer Umfrage des Ingenieurverbands fast 100.000 Ingenieure. Vielen Naturwissenschaftlern versprechen sie in der nächsten Zeit einen guten Arbeitsplatz. Zumindest sobald die Krise abklingt.

Die Beratungsagentur Prognos hat im Auftrag der bayerischen Wirtschaft weiter in die Zukunft geschaut. Demnach droht in 20 Jahren ein starker Fachkräftemangel: Allein in Bayern könnten demnach 1,5 Millionen Arbeitskräfte fehlen - ein Viertel des bundesweiten Bedarfs. Am größten werde der Mangel bei Ärzten, Mathematikern und Naturwissenschaftlern ausfallen. Aber auch Forscher und Entwickler, PR-Leute und Lehrer würden gesucht.

Weniger Industriejobs

Insgesamt haben nach diesen Erkenntnissen Akademiker weit größere Aussichten als Nicht-Akademiker. Ohne Hochschulstudium gibt es gute Chancen im Gesundheitssektor für Pfleger und Betreuer. Industriejobs dagegen werden weniger. Einer Studie der Unternehmensberatung Roland Berger zufolge wird vor allem die Branche regenerativer Energien boomen. Bis zum Jahr 2020 werden etwa 150.000 Arbeitsplätze entstehen, heißt es in einer Studie des Bundesumweltministeriums.

Also, was tun? Immer wieder hört man, der Trend gehe zum Generalisten. Derjenige sei also gefragt, der von allem ein bisschen kann. Er beherrscht die große Mixtur aus vielen einzelnen Fertigkeiten. Ein wenig Wirtschaftsverständnis, ein wenig technische Begabung mit einem Schuss Logik und sozialer Kompetenz. Auf der anderen Seite gibt es den Spezialisten. Er beherrscht eine kleinere Mixtur, zum Beispiel sehr viel mathematisches Verständnis, gepaart mit ein wenig Fremdsprachenkenntnis.

Beide, so Eckstaller, werden auch in Zukunft gebraucht. Die Unternehmen müssten nur früher sagen, wen sie benötigen. Denn so wie es derzeit läuft, sagt die Wissenschaftlerin, könne sie den Vorwurf des Fachkräftemangels nicht ganz nachvollziehen: "Wer nicht rechtzeitig sagt, wen er braucht, der kann auch nicht damit rechnen, dass er ihn kriegt."

© SZ vom 18.3.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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