Gehaltsverhandlung:Niederlage Nullrunde

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Der Firma geht es blendend, doch beim Verdienst wirkt sich das nicht aus? Dann ist es an der Zeit, mehr Lohn zu fordern. Acht Fehler sollten man dabei vermeiden.

Der Vorgesetzte winkt ab: "Da könnte ich Sie ja gleich als Chef einstellen!" Entgeistert schaut der Mitarbeiter sein Gegenüber an. Er hat um ein Gehaltsgespräch gebeten - doch nach dieser Reaktion des Chefs ist er erst mal stumm. Wenn es darum geht, eine Lohnerhöhung abzublocken, sind Vorgesetzte um keine Notlüge verlegen. Beim Arbeitgeber mehr Lohn auszuhandeln, ist ein schwieriges Unterfangen. Doch nicht aussichtslos: "Wenn Sie nicht Rentner oder Lehrer sind, geht beim Gehalt eigentlich immer etwas", sagt die Münchner Karriereberaterin Claudia Kimich. Ihr Buch "Um Geld verhandeln. Gehalt, Honorar und Preis - so bekommen Sie, was Sie verdienen" ist im Beck-Verlag erschienen. Selbst bei tarifgebundenen Unternehmen können Mitarbeiter Bonuszahlungen oder eine höhere Eingruppierung vereinbaren, meint Kimich. Beschäftigte brauchen aber eine gute Vorbereitung. Und sie sollten diese acht Fehler vermeiden.

1 Den falschen Zeitpunkt wählen. Ein großer Fehler ist das falsche Timing. Gehaltsforderungen, die zur Unzeit kommen, werden garantiert nicht berücksichtigt. "Es ist sinnvoll, nach mehr Geld zu fragen, wenn das eigene Aufgabenspektrum erweitert wurde", sagt Katharina Heuer. Sie ist Geschäftsführerin der Deutschen Gesellschaft für Personalführung (DGFP) in Düsseldorf. Zum Beispiel durch ein neues Projekt oder durch Führungsverantwortung. Auch individuelle Erfolge sind ein guter Anlass für ein Gespräch. Der Mitarbeiter kann dann sagen: "Ich bin besser geworden und leiste mehr als ein Berufsanfänger."

2 In der Defensive verharren. Einfach das Feedback-Gespräch abzuwarten, ist ebenfalls keine gute Idee. "Wenn der Chef zur Unterredung bittet, ist man bereits in der Defensive", erklärt Professor Thilo Büsching von der Fachhochschule Würzburg-Schweinfurt. Als Prokurist, Geschäftsführer und Unternehmensvorstand hat der Ökonom bereits etliche Gehaltsgespräche geführt. Wer mehr Geld will, sollte in die Offensive gehen. Personalberater Büsching empfiehlt, die Gehaltserhöhung in einem kurzen Thesenpapier zu begründen und das dem Vorgesetzten vorab zu mailen. "So hat der Chef Gelegenheit, sich darauf einzustellen." Im Mitarbeitergespräch kann er dann nicht überrascht tun und die Entscheidung vertagen.

Längere Arbeitstage, höhere Lebenshaltungskosten, jahrelang keine Lohnsteigerung - all das taugt nicht als Argument für eine Gehaltserhöhung. (Foto: Monique Wüstenhagen/dpa)

3 Bescheidenheit als Tugend sehen. Viele warten ab, bis der Chef von allein mit mehr Geld kommt. Das gelingt jedoch nur selten: Statt nur mit Sachkenntnis und Fleiß auf sich aufmerksam zu machen, sollten Angestellte ihre Leistungen aktiv herausstellen, sagt Kimich. Sicher gebe es zuweilen auch Mitarbeiter mit völlig überzogenen Gehaltsvorstellungen. "Aber gerade die scheitern in der Regel nicht, sondern sie schneiden oft sogar sehr gut ab."

4Den Chef als Gegner behandeln. Was viele Mitarbeiter nicht sehen: Ihr Chef muss die Gehaltserhöhung auch vor seinen Vorgesetzten rechtfertigen. Am Ende sollte deshalb eine Situation stehen, von der beide Seiten etwas haben. "Man muss den Chef zum Verbündeten machen, damit der das Budget durchboxt", sagt Kimich. Die entscheidenden Gespräche übers Geld finden ohnehin in der Cafeteria oder bei anderen informellen Treffen statt. Professor Büsching sagt: "Viele versäumen es, über die Monate in Beziehungsarbeit zu investieren, und rutschen deshalb schnell in eine Konfrontationssituation."

5Falsche Argumente anführen. Ebenso wichtig ist die richtige Begründung. "Der Chef wird fragen, warum das Gehalt erhöht werden soll", sagt Heuer, "dann brauche ich gute Argumente." Viele argumentieren mit der Zahl ihrer Arbeitsstunden, aber das ist kein guter Leistungsindikator. Auch die eigenen Lebenshaltungskosten anzuführen, verspricht wenig Erfolg. "Man muss argumentieren, wie sehr man der Firma nutzt", rät Büsching. Mitarbeiter sollten sich fragen: "Worin besteht mein Mehrwert für das Unternehmen? Und wie kann ich den nachweisen?"

6 Gespräch schlecht vorbereiten. Viele Antworten auf unangenehme Fragen lassen sich problemlos vorab im Rollenspiel mit Freunden oder Bekannten proben. Doch oft geschieht das nur unzureichend: "Der Hauptfehler ist: Es wird nur einmal geprobt", sagt Professor Büsching. "Das ist so, als würde eine Fußballmannschaft nur einmal trainieren." Personalexpertin Heuer rät dazu, sich vorab über das Gehaltssystem des Unternehmens zu informieren, um realistische Forderungen zu stellen.

7 Zu früh das Handtuch werfen. "Viele Menschen geben zu früh auf, das ist einer der größten Fehler bei Verhandlungen", sagt Karriereberaterin Kimich. Eine Alternative zur Gehaltserhöhung kann eine einmalige Prämie sein. Bei einer Zielvereinbarung verabreden beide Seiten, nach Ablauf einer Frist noch einmal über das Thema Geld zu sprechen. Wer eine Gehaltserhöhung will, sollte nach den Bedingungen fragen. Also: "Was muss ich tun, um mehr Geld zu bekommen?" Der Chef muss dann entweder Kriterien nennen oder Farbe bekennen, dass er generell keine Gehaltsspielräume sieht.

8 Keine Konsequenzen ziehen. Wer finanziell seit Jahren auf der Stelle tritt, sollte über einen Jobwechsel nachdenken. Kimich empfiehlt, vor Gehaltsgesprächen den eigenen Marktwert zu testen. Ihren Klienten rät sie, sich auf eine Stelle zu bewerben, die sie eigentlich nicht wollen. Bei einer positiven Rückmeldung könne man viel selbstbewusster verhandeln. Wer jedes Mal mit einem schlechten Gefühl in Gespräche mit dem Vorgesetzten geht, sollte sich auch fragen, warum das so ist. Oft liegen neben dem Finanziellen noch andere Sachen im Argen.

© SZ vom 26.09.2015 / Peter Neitzsch, dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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