Führungsspitzen:Erfolg dank Vielfalt? Lieber nicht!

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Diversity, sprich: Vielfalt: So lautet derzeit der Mega-Knüller der Manager-Mantras. Nur Teams aus Frauen und Männern, Jungen und Alten sowie verschiedenen Ethnien und Temperamenten scheinen Firmen heutzutage noch zum Erfolg führen zu können. Nur schade, dass Führungskräfte anders entscheiden.

Dagmar Deckstein

Je häufiger eine angeblich neue Erkenntnis herumgereicht wird, umso häufiger setzt sie sich in den Hirnen als unumstößlich fest und gewinnt den Charakter der Binsenweisheit. Mit Binsenqualität ausgestattet scheint inzwischen der Mega-Knüller der zeitgenössischen Manager-Mantras: Diversity!

Erfolg mit buntgemischten Teams? Mag schon sein, dass das funktioniert, doch Manager entscheiden anders. (Foto: iStockphoto.com / Yuri Arcurs)

Keine Frage, ohne möglichst große Vielfalt in Führungs- und Arbeitsteams ist kein innovativ-kreativer Blumentopf auf den Weltmärkten mehr zu gewinnen. Absolut angesagt ist die bunte Durchmischung der Belegschaft aus Männern und Frauen, Jungen und Alten, Inländern und Ausländern, Katholiken und Buddhisten, Homos und Heteros, rhetorisch nie einzuholenden Wichtigtuern und peniblen Erbsenzählern.

Spannt sie für eine Aufgabe im wilden Mix zusammen, und sie werden sich gegenseitig zu Höchstleistungen aufstacheln! So geht die moderne Saga vom strategischen Erfolgsfaktor - zusammengestrickt aus Gender-Vielfalt, Work-Life-Integration, Mitarbeiternetzwerken, einem internationalen Arbeitsumfeld, Generationenmanagement und dergleichen "Must-Haves" im Personaler-Werkzeugkasten mehr.

Keine Frage, dass sich der unter Dauerbeobachtung stehende Daimler-Konzern ("Das Beste oder nichts") an der Spitze der Diversifikation verortet, was kürzlich wieder mal auf der jüngsten Diversity-Konferenz zu besichtigen und belauschen war. "Ein global erfolgreicher Konzern braucht Mitarbeiter mit den unterschiedlichsten Erfahrungen und Fähigkeiten. Deshalb wollen wir auch beim Diversity Management zu den Besten der Branche gehören", tat Konzernchef Dieter Zetsche kund.

Da drängt sich als erstes die Frage auf, ob ein Autohersteller mit 260.000 Mitarbeitern und Produktionswerken auf fünf Kontinenten diese superbunte Menschenmischung tatsächlich braucht oder nicht schon längst hat. Gar nicht zu reden von der Frage, ob sich aus dem quirligen Haufen tatsächlich die versprochenen innovativen Funken schlagen lassen.

Im Wunschteam nicht die Spur von Diversity

Dem Bodenseeschriftsteller Martin Walser zufolge ist nichts ohne sein Gegenteil wahr, und so kommt uns Oliver Dange von der Personalberatung Heidrick & Struggles gerade recht, um ordentlich Wasser in den Diversity-Wein zu kippen. So ein Kopfjäger ist ja immer daran interessiert, dem Auftraggeber möglichst Traumteams zusammenzustellen, die, berstend vor Motiviertheit, zu Höhenflügen des Erfolgs ansetzen.

Also befragte Dange über Jahre mehr als 1200 Führungskräfte: Sie dürfen eine Geschäftsidee verwirklichen, die Ihnen schon lange im Kopf herumspukt, ganz gleich, was Ihr Vorhaben kostet. Sie haben genau fünf Plätze in Ihrem Team, die Sie besetzen dürfen. Wen wählen Sie aus - und warum, anknüpfend an Ihre besten Erfolgserfahrungen?

Es kam, man ahnt es schon, wie es kommen musste, von Diversity jedenfalls weit und breit keine Spur. Ganz im Gegenteil, Dream-Teams bestehen aus Klonen. Oder, wie der Chemiker und Heidrick-Hobbypsychologe herausdestillierte: "Bei der überwältigenden Mehrheit war es so, als würden sich die Leute selbst beschreiben."

Der Vielfalts-Fimmel in allen Ehren, aber diese Reibungs-Rechnung ist wohl ohne den Wirt gemacht worden. Gleich und gleich gesellt sich gern - den Volksmund hat die Hirnforschung längst bestätigt. Hoch lebe der kleine Unterschied? Vielfalt hin, Diversity her: wenn überhaupt, dann wirklich nur der kleine.

© SZ vom 12.12.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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