Führungsspitzen:Auf zur Teamsitzung

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Meetings laufen immer und überall gleich ab: Sie bestehen aus Lethargie und Drohung, aus Abwehr von Arbeit und Verdonnern zu Arbeit. Kann man sie nicht verbessern?

H. Freiberger

Es gehört zu den Höhepunkten des Arbeitslebens, die Mitarbeiter freuen sich schon darauf, wenn der Chef wieder alle zusammentrommelt: "Am Mittwoch um 11 Uhr machen wir unsere Teamsitzung, es geht um die Projekte der nächsten Zeit." Und alle mögen möglichst viele Ideen mitbringen.

Teamsitzung: Sie müssen genauso ablaufen, wie sie ablaufen - eine Mischung aus Lethargie und Drohung. (Foto: Foto: iStock)

Am Mittwoch um elf dann das bekannte Spiel: Der notorische Zuspätkommer kommt fünf Minuten nach Beginn und entschuldigt sich gesenkten Hauptes, ihm sei etwas dazwischen gekommen. Der Chef sitzt genervt in der Mitte. "Das nächste Mal führen wir ein Strafkonto ein, für jede Minute zu spät einen Euro in die Kaffeekasse", sagt er. "Wer führt das Protokoll?" Der Chef blickt in die Runde, die Mitarbeiter blicken zu Boden. "Wer hat das letzte Mal geführt?" Die junge Sachbearbeiterin hebt die Hand. "Gut, dann heute Herr Sieber." Herr Sieber verzieht das Gesicht und zückt den Kugelschreiber. "Okaaay", sagt er.

Nicht denken, arbeiten!

Die Tagesordnung nimmt ihren Lauf. "Frau Gruber, berichten Sie bitte von der Marketingaktion, die Sie federführend betreuen." "Es läuft alles hervorragend", sagt Frau Gruber. "Die Werbeagentur ist kontaktiert, sie erarbeitet zeitnah ein Konzept." "Bis wann?", fragt der Chef. "Ich hab' mir so vorgestellt bis in zwei Wochen." "Gibt es schon Entwürfe?" "Nein, aber in die nächste Teamsitzung bring' ich sie mit." Der Chef, die Gesichtsfarbe gerötet: "Aber wir haben doch das letzte Mal gesagt, dass wir die Entwürfe schon heute sehen wollen." "Ich habe gedacht ..." "Sie sollen nicht denken, Sie sollen arbeiten."

Nächster Tagesordnungspunkt: "Nächste Woche müssen die Flyer und die Aufsteller für die Tagung der Abteilungsleiter raus. Wie ist die Lage, Frau Brunner?" "Läuft", sagt Frau Brunner. "Die Assistentinnen der Abteilungsleiter sind informiert?" "Ja, hab' ich gemacht." "Sehr gut, bitte mich das nächste Mal auf den Verteiler setzen." "Gerne."

Nächster Tagesordnungspunkt: "Im Herbst setzen wir die Werbekampagne für das neue Produkt auf, das blasen wir über alle Vertriebskanäle raus. Wer kümmert sich drum?" Der Chef blickt in die Runde, die Mitarbeiter blicken zu Boden. "Freiwillige vor", sagt er. Niemand meldet sich. "Herr Scheuer, wie sieht's bei Ihnen aus?" "Bei mir ist es in nächster Zeit ganz eng", sagt Herr Scheuer. "Ich betreue schon die Vertriebsunterstützung für unsere Regionalbüros." "Frau Englmann?" "Hm, ich hab zwar auch viel um die Ohren, aber ich kann's schon machen." "Ok, bitte bis zur nächsten Teamsitzung die ersten Entwürfe."

Lethargie und Drohung

Letzter Tagesordnungspunkt: "Ok, dann haben wir alles. Oder hat noch jemand was? Ich sehe, das ist nicht der Fall. Dann haben wir ja wieder eine Menge geschafft. Bis zum nächsten Mal in alter Frische. Und Herr Sieber, das Protokoll bitte bis morgen an alle per Mail."Vor der Tür sagt Frau Brunner leise ins Ohr von Frau Gruber: "Mensch, hat sich das wieder gezooogen."

Teamsitzungen sind eine Errungenschaft der modernen Arbeitswelt und unverzichtbar. Sie müssen genauso ablaufen, wie sie ablaufen - eine Mischung aus Lethargie und Drohung, aus Abwehr von Arbeit und Verdonnern zu Arbeit. Das Komische ist, dass sie überall gleich ablaufen, egal, wohin man kommt. Manchmal gibt es Anläufe, etwas zu verbessern, aber sie verlaufen stets im Sand. Das ist der Beweis dafür, dass alles seine Richtigkeit hat. Man kann bei Teamsitzungen nichts verbessern.

© SZ vom 6.7.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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