Mark Strasser, 34, Marketingmanager
"Als meine Frau schwanger wurde, war ich mit einem befristeten Vertrag in einer Agentur angestellt. Und weil ich mitbekommen hatte, wie mein Chef bisher mit seinen Angestellten umgesprungen war, nämlich nicht besonders moralisch, habe ich ihm erst mal nichts davon gesagt.
Ich habe die gesetzlich erlaubte Frist komplett ausgereizt und erst knapp acht Wochen vorher gesagt, dass ich in Elternzeit gehen würde - mehr als sechs Monate. Zu dem Zeitpunkt war nämlich schon der Kündigungsschutz in Kraft und er konnte mich nicht rausschmeißen.
Die kurze Frist bis zur Elternzeit war in meinem Fall schon problematisch, weil wir ein kleines Unternehmen mit zehn Mitarbeitern sind und ich in einer Position mit engem Kundenkontakt stark involviert war. Mein Chef hatte nur sieben Wochen Zeit, einen Ersatz für mich zu finden, was sich als schwierig herausstellte und dann auch tatsächlich schiefgegangen ist. Mein Ersatz konnte mein Arbeitspensum nicht meistern, und es war eine wahnsinnig lange Einarbeitungszeit nötig. In den ersten Wochen meiner Elternzeit war ich deshalb immer noch eingebunden.
Trotzdem habe ich kein schlechtes Gewissen. Und wenn ich mich um einen neuen Job bewerbe, werde ich nicht angeben, dass ich ein Kind habe. Das wurde mir von anderen Eltern geraten. Ich glaube, viele Unternehmen scheuen sich davor, junge Eltern einzustellen, weil der krankheitsbedingte Ausfall schon höher ist. Eigentlich war mir schon immer klar, dass der Arbeitsmarkt so tickt, insofern hat mich das alles nicht so schockiert. Nur die Folgen für die Gesellschaft finde ich absolut traurig: Das Kinderkriegen verlagert sich immer weiter nach hinten, Erstgebärende in Städten sind im Schnitt über dreißig."
Maria Hauff, 37, Investmentbankerin
"Pünktlich zu meinem 33. Geburtstag hat mein Chef einen Mann eingestellt, der genau meinen Aufgabenbereich mit abdecken sollte. Offiziell zu meiner Unterstützung, aber im Gespräch hat mir mein Chef dann den wahren Grund eröffnet: Ich sei ja jetzt in dem Alter, in dem man an die Familiengründung denke und da müsse er sich einfach darauf vorbereiten.
Ich war zu dem Zeitpunkt weder liiert, noch hatte ich jemals ihm oder einem Kollegen gegenüber Interesse am Thema Kinder geäußert. Die Maßnahme war also einfach aufgrund meines Geschlechts ergriffen worden. Das hat mich wahnsinnig gekränkt. Dazu kommt, dass dieser Kollege eine ziemliche Null war und ich ihn einarbeiten musste, was ich als eine echte Demütigung empfunden habe.
Mein Chef hat mich in den folgenden Monaten mehrmals explizit gefragt, ob und wann ich gedenke, Kinder zu bekommen. Das ist nicht erlaubt, aber er hat sich darüber hinweggesetzt, wohl wissend, dass ich ihn deshalb nicht anschwärzen würde. Geärgert habe ich mich trotzdem.
Ich arbeite im Investmentbanking, einer immer noch sehr Männer-dominierten Branche. Auf meiner Ebene gibt es ungefähr 15 Prozent Frauenanteil. Jetzt ist die Frauenquote für Aufsichtsräte in Kraft getreten, und sie suchen händeringend nach qualifizierten Frauen, denen sie noch vor ein paar Jahren zu verstehen gegeben haben, dass sie mit Mitte dreißig ein natürliches Ablaufdatum haben.
In Folge dieser Aktion hat meine Loyalität dem Chef gegenüber stark abgenommen. Als ich dann vor drei Jahren schwanger wurde, bin ich aus der Abteilung ausgeschieden und nach der Elternzeit in eine andere Abteilung gewechselt. Mein neuer Chef fördert mich in allen Belangen und gibt mir zu verstehen, dass er meine Arbeit trotz Teilzeit und Kind zu schätzen weiß. Es geht also auch anders."
Alle Namen sind der Redaktion bekannt, aber zum Schutz der Betroffenen geändert.