Fachanwältin:"Sie sind ja auch nicht mehr die Jüngste"

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Doris-Maria Schuster, Fachanwältin für Arbeitsrecht in der Kanzlei Gleiss Lutz in Frankfurt, erklärt Ansprüche, Fristen und Beweise beim Thema Alter. (Foto: Privat)

Ansprüche, Fristen, Beweise: Wie sich Beschäftigte gegen Diskriminierung wehren können.

Interview von Ina Reinsch

SZ: Eine 54-jährige Bewerberin musste sich im Jobinterview anhören "Sie sind ja auch nicht mehr die Jüngste" und bekam die Stelle nicht. Was kann sie tun?

Doris-Maria Schuster: Das AGG gewährt in solchen Konstellationen einen Anspruch auf Entschädigung und Schadensersatz. Die Bewerberin kann sich aber nicht auf die Stelle einklagen und Einstellung verlangen. Die Entschädigung ist begrenzt auf maximal drei Monatsgehälter und wird dafür gewährt, dass durch die Ungleichbehandlung das Persönlichkeitsrecht verletzt wurde. Sie ist eigentlich der Standardfall in AGG-Prozessen. Schadensersatzansprüche kommen dagegen seltener vor. Sie können etwa dann in Betracht kommen, wenn ein Arbeitnehmer nicht befördert wurde. Der Schadensersatz liegt dann im entgangenen Verdienst. Die Hürden sind hier allerdings sehr hoch.

Welche Fristen müssen sie beachten?

Den Anspruch auf Entschädigung muss man innerhalb von zwei Monaten nach der Ablehnung schriftlich beim potenziellen Arbeitgeber geltend machen. Reagiert der nicht, muss man innerhalb von drei Monaten Klage vor dem Arbeitsgericht erheben. Beim Anspruch auf Schadensersatz gelten diese Fristen nicht. Dieser Anspruch verjährt innerhalb von drei Jahren. Allerdings enthalten Arbeits- oder Tarifverträge häufig Ausschlussfristen, die vorsehen, dass Ansprüche gegen den Arbeitgeber beispielsweise innerhalb von drei Monaten geltend gemacht werden müssen. Hier muss man aufpassen.

Reicht es zu sagen: Ich wurde diskriminiert?

Betroffene müssen lediglich Indizien vortragen, die auf eine Diskriminierung hinweisen. Die Äußerung, die Bewerberin sei ja auch nicht mehr die Jüngste, ist so ein klassischer Fall. Diese Äußerung würde genügen, um Klage zu erheben. Der Arbeitgeber muss dann versuchen, diese Indizien zu entkräften. Das hört sich zunächst einfach an, die Gerichte schauen hier aber ganz genau hin. Auf pauschales Bestreiten kann sich der Arbeitgeber nicht zurückziehen.

© SZ vom 24.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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