Spätestens mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG), dass unter anderem die Diskriminierung aufgrund persönlicher Merkmale verbietet, sollten Ratgeber zum Thema Bewerbungsfotos überflüssig geworden sein. Eigentlich.
Trotzdem kann der persönliche Eindruck, den ein Bild von einem Kandidaten vermittelt, entscheidend dazu beitragen, dass ein Personaler den Daumen hebt oder senkt. "Das würde natürlich kein Vorgesetzter zugeben," sagt die Karriereberaterin Svenja Hofert. "Offiziell ist das Bewerbungsfoto völlig unwichtig, aber inoffiziell natürlich nicht."
Gute Erinnerungsstütze
Besonders bedeutsam sei das Bild in kleinen und mittelständischen Unternehmen. "Professionelle Personalabteilungen in großen Konzernen achten weniger auf die Optik, sondern suchen gezielt nach Schlüsselinformationen." Wo die Mappe eines Kandidaten aber über den Schreibtisch der Sekretärin wandere, heiße es jedoch schon öfter: "Ach, guck mal, der sieht aber nett aus."
Mit dem AGG ist ein Bewerbungsfoto also keine Pflicht mehr, doch ein Vorgesetzter erinnert sich wesentlich schneller an einen Kandidaten, wenn er seine Daten mit einem Foto in Verbindung bringen kann. "Der freundliche Herr mit der schwarzen Brille" ist als Information besser zu behalten und weiterzugeben als "der Bewerber, der sein Abitur in Paderborn mit 2,3 gemacht hat".
Auf die Branche kommt es an
Schicken zudem fast alle Kandidaten ein Bild ein, sind Unterlagen ohne Foto viel zu unauffällig. "Einzig bei Online-Bewerbungen darf man auf ein Bild schon mal verzichten", sagt Karriereexpertin Hofert. Ansonsten gilt: Ein professionelles Foto unterstreicht, dass der Bewerber sich ernsthaft für die ausgeschriebene Stelle interessiert.
Automaten-Bilder sind also tabu. Gute Fotografen, die sich auf Bewerbungsfotos spezialisiert haben, fragen ihre Kunden vor dem Termin nach der Branche und dem Job, den die Kandidaten suchen. Denn davon hängt ab, wie seriös beziehungsweise ausgefallen ein Bild werden darf. "In der Werbebranche etwa kommt ein dunkler Anzug, der für Banker Pflicht ist, nicht so gut an", erklärt Hofert.
Keine Muster oder wilde Farbkombinationen
Fotograf Stefan Baumgartner, der sich mit seinem Züricher Studio unter anderem auf Bewerbungsbilder spezialisiert hat, fordert jeden Bewerber auf, zum Termin gleich mehrere Kleidungsstücke mitzubringen. "Dann können wir gemeinsam ausprobieren, in welchen Sachen er sich wohl fühlt und was auf dem Bild am besten wirkt."
Svenja Hofert empfiehlt bei der Wahl des Outfits, auf große Muster und wilde Farbkombinationen zu verzichten. "Lieber dezent, aber trotzdem mit Kontrast." Auf einen Friseurbesuch sollten Bewerber jedoch verzichten: Mit einem neuen Haarschnitt fühlt sich vor der Kamera nahezu jeder unwohl.
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