Berufseinstieg:Der bessere Start

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Höhere Gehälter, niedrigere Lebenshaltungskosten: Junge Fachkräfte wollen meistens in den Metropolen arbeiten. Dabei kann sich der Wechsel aufs Land auszahlen.

Von Jan Stephan

Deutschland gilt als Land der Provinz. Anders als beispielsweise in Frankreich, wo sich alles um das Zentrum Paris dreht, gibt es in Deutschland viele selbstbewusste und wirtschaftlich starke Regionen. Das heißt: Eine Menge interessanter Jobs sind nicht in München, Frankfurt, Hamburg oder Berlin angesiedelt, sondern in Assamstadt, Duderstadt, Mulfingen oder Hauzenberg. Allerdings ist Provinz nicht gleich Provinz. Während viele Maschinenbaufirmen mit Weltmarktführerschaft im Bayerischen und Schwäbischen ihr Hauptquartier aufgeschlagen haben, trifft man in Mecklenburg-Vorpommern abseits der Ballungszentren eher selten auf sogenannte Hidden Champions.

Bei der Überlegung, ob ein Arbeitsplatz abseits der großen Städte infrage kommt, spielen die persönliche Lebenssituation und die individuellen Werte eine Rolle. Aber auch finanzielle Erwägungen können zu der Erkenntnis führen, dass sich ein Wechsel aus der Metropole in die Kleinstadt lohnt. Vor allem Berufsanfänger können dort oft mit einem besseren Einstieg rechnen als in der Stadt. Wer einen Firmeninhaber von seiner Kompetenz, Leistungsbereitschaft und Kreativität überzeugt, der kann in der Provinz sogar mehr auf dem Gehaltszettel haben. Außerdem können Aufstiegswillige schneller Verantwortung übernehmen und früher in leitende Positionen gelangen.

Am oberen Ende des Gehaltsgefüges wird aber auch in der Provinz die Luft in aller Regel dünn. Wer die ganz große Karriere machen will, der muss irgendwann in einen Konzern wechseln, um einer der wenigen zu werden, die den Sprung in die erste Führungsebene schaffen. Dann gibt es erheblich mehr Geld als selbst bei dem Weltmarktführer einer Branchennische auf dem Land.

Allerdings ist nicht immer gesagt, dass derjenige, der mehr verdient, auch mehr davon hat. Die Lebenshaltungskosten in ländlichen Regionen sind fast überall niedriger als in den großen Wirtschaftszentren der Republik. Um in München eine komfortable Eigentumswohnung zu erwerben, braucht man ein paar Jahresgehälter mehr als etwa im baden-württembergischen Künzelsau, wo der Schraubenhersteller Würth zu Hause ist.

Gesucht werden derzeit jenseits der Zentren vor allem Ingenieure, IT-Fachkräfte, Marketing-Experten und Ärzte. Besonders um Letztere bemüht sich auch die Kommunalpolitik. In Altmühlfranken organisiert das Regionalmanagement etwa eine Ferienakademie für Medizinstudierende aus ganz Deutschland. Am Vormittag stehen Vorträge auf dem Programm, am Nachmittag geht es zum Klettern, Kanufahren oder in den Biergarten. Das Kalkül: Wer als Student eine Region lieb gewonnen hat und dort Kontakte zu Kollegen geknüpft hat, der übernimmt vielleicht eine der Hausarztpraxen, die in den kommenden Jahren übergeben werden.

Auch das kann ein Punkt für das Leben auf dem Land sein: Die Unternehmen bemühen sich viel stärker um diejenigen, die für sie die Arbeit machen sollen. Schon deswegen, weil es in manchen Branchen und Positionen einfach zu wenige Kandidaten gibt.

© SZ vom 24.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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