Ausbildung:Abgehängte verdienen eine Chance

Mouhamad Alkallaf (23, Syrien) bearbeitet für die Firma Samson an der Schleifmaschine ein Metallstück. (Foto: dpa)

Die Unis vermelden Rekorde bei den Immatrikulationen, während Zehntausende Ausbildungsplätze unbesetzt bleiben. Dabei gäbe es genug Nachwuchs.

Kommentar von Ulrike Nimz

Zumindest aus meteorologischer Sicht beginnt am 1. September der Herbst. In das Lamento über fallendes Laub und kürzere Tage mischt sich verlässlich das Klagen über unbesetzte Lehrstellen. Zehntausende werden es mit Beginn dieses Ausbildungsjahres sein - wieder einmal. Seit die Zahl der Studieneinschreibungen höher ist als die der Lehrverträge, hat sich auch die Schlagzahl der Schlagworte erhöht: Akademikerschwemme!

Akademisierungswahn! Das Land der Dichter und Denker, es scheint geeint in Furcht vor dem Tag, an dem der Bäcker geschlossen bleibt, weil niemand mehr bereit ist, im Morgengrauen Dinkelbrötchen zu backen. Dabei gibt es Nachwuchs. Junge Menschen ohne Schulabschluss, die als "ausbildungsunfähig" gelten, oder auch Geflüchtete. Viele Betriebe aber verlangen die mittlere oder gar Hochschulreife für eine Bewerbung.

Es ist ein Problem, dass die Bildungsdebatte oft nur am oberen Rand der Gesellschaft stattfindet. Das Abitur ist zu leicht? Der Bachelor ist nichts wert?

Solches Geunke wird niemanden dazu bringen, eine Lehre zu machen statt zu studieren. Zielführender, als angehende Akademiker umzustimmen, wäre es, den vermeintlich Abgehängten eine Chance zu geben. Dafür braucht es flexible Ausbildungsordnungen, mehr Geld, mehr Geduld und notfalls Nachhilfe in Lesen und Rechnen. Nur so werden aus den "ausbildungsunfähigen" ausbildungsfähige Menschen.

© SZ vom 01.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: