Arbeitsrecht:Ein falscher Handgriff

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Auf dem Bau ist Genauigkeit gefragt: Ein Fehler kann teuer werden. (Foto: Ina Fassbender/dpa)

Ein fehlendes Warnschild, eine falsch gesicherte Ladung oder ein Rechenfehler - schnell kann großer Schaden entstehen. Wann müssen Arbeitnehmer persönlich haften?

Von Peter Neitzsch/dpa

Ein fehlendes Warnschild, eine falsch gesicherte Ladung oder ein Rechenfehler im Gutachten - manch kleine Nachlässigkeit verursacht große Schäden. Doch wer haftet eigentlich dafür, wenn Berufstätige im Job einen Fehler begehen? Die Antwort: Es kommt darauf an, wie schwer der Fehler wiegt und wer der Geschädigte ist. "Schäden, die Arbeitnehmer verursachen, können den Arbeitgeber, andere Mitarbeiter, Kunden oder sonstige Dritte treffen", sagt Hasso Suliak vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft in Berlin. Je nachdem, wer den Schaden hat, gelten jeweils etwas andere Regeln für die Haftung.

Im Prinzip unterscheiden sich am Arbeitsplatz die Haftungsgrundsätze nicht vom Privatleben. "Jeder haftet für das, was er tut", sagt Eric Uftring, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Frankfurt am Main. Allerdings hat das Bundesarbeitsgericht die Haftung für Angestellte begrenzt. Der Grund: Oft steht ein verursachter Schaden in keinem Verhältnis zum Verdienst des Mitarbeiters. "Ein Gehalt ist keine Risikoprämie", sagt Uftring. Deshalb kann der Arbeitnehmer auch nicht für jeden Fehler voll belangt werden.

Schädigt der Arbeitnehmer die eigene Firma, haftet er nur beschränkt. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn er mit dem Firmenwagen einen Unfall verursacht oder Kaffee über den Arbeitslaptop schüttet. "Die Rechtsprechung hat dafür ein Stufenmodell der Haftung entwickelt", sagt Thomas Prinz von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände in Berlin. Ob der Mitarbeiter für einen Schaden haftet, hängt von der Schwere des Fehlers ab. Grundsätzlich besteht bei leichter Fahrlässigkeit keine Haftung. "Das sind entschuldbare Pflichtverletzungen, die jedem einmal passieren können", sagt Prinz. Auch bei mittlerer Fahrlässigkeit haftet der Arbeitnehmer nur anteilig. Dass ausschließlich der Mitarbeiter für einen Schaden geradestehen muss, kommt nur bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz vor. "Dabei geht es um schwere Pflichtverletzungen, etwa dass Vorschriften nicht beachtet wurden."

Für Personenschäden unter Kollegen haften Mitarbeiter grundsätzlich nicht. Wenn der Schaden nicht vorsätzlich verursacht wurde, zahlt die gesetzliche Unfallversicherung. Angestellte brauchen deshalb im Regelfall auch keine Berufshaftpflichtversicherung. Bei allen nicht betrieblichen Tätigkeiten haften dagegen auch sie persönlich. "Beschädigt ein Arbeitnehmer fahrlässig Sachen seiner Arbeitskollegen, etwa Kleidung oder Brille, muss er für den Schaden aufkommen", warnt Suliak. Eine private Haftpflicht ist deshalb unerlässlich.

Doch was ist mit Schäden, die Dritten entstanden sind, etwa einem Kunden? Haftet dann der Mitarbeiter oder die Firma? "Betriebe haften bei schuldhafter Verletzung von vertraglichen Pflichten", sagt Suliak. Für Pfusch am Bau muss also die Baufirma geradestehen. Anders liegen die Dinge bei der sogenannten deliktischen Haftung: Wer fahrlässig oder vorsätzlich Eigentum oder Gesundheit eines Dritten schädigt, haftet persönlich und unbeschränkt. Darunter fällt etwa ein Unfall durch ein ungesichertes Baugerüst.

"Die deliktische Haftung trifft nicht nur den Betrieb, sondern auch den Arbeitnehmer", warnt Suliak. "Beide haften als Gesamtschuldner gegenüber dem geschädigten Dritten." Allerdings hat der Arbeitnehmer bei Schadenersatzforderungen einen Freistellungsanspruch gegenüber seinem Arbeitgeber. Jedenfalls gilt das, wenn er im betrieblichen Auftrag und nicht grob fahrlässig gehandelt hat. "In der Praxis wendet sich der Geschädigte deshalb meist direkt an den Inhaber des Betriebs." Die Betriebshaftpflichtversicherung deckt auch Schäden ab, die Dritten entstehen.

Mitunter liegt die Schuld auch nicht allein beim Mitarbeiter. "Den Arbeitgeber kann eine Mitschuld treffen, etwa wenn er sein Personal nicht ordnungsgemäß eingewiesen hat", so Uftring. Auch wenn die Firma versäumt hat, eine betriebliche Haftpflichtversicherung abzuschließen, muss sie den entsprechenden Teil der Schadenssumme selbst übernehmen.

"Ein Mitarbeiter soll sich darauf verlassen können, dass sein Arbeitgeber entsprechende Vorkehrungen getroffen hat", sagt Prinz. Doch zur Wahrheit gehört auch: "Bei schweren Pflichtverletzungen muss ein Arbeitnehmer mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen rechnen." Schlimmstenfalls ist das die Kündigung.

© SZ vom 08.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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