Arbeit:Im Kostüm nicht fluchen: Schulung für Weihnachtsmänner

Celle (dpa) - In einer Gaststätte im niedersächsischen Celle herrscht Weihnachtsstimmung - und das mitten im Herbst. Auf den Tischen stehen Teller mit Spekulatius und Schokolade, dazwischen liegen Tannenzweige und Nüsse.

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Celle (dpa) - In einer Gaststätte im niedersächsischen Celle herrscht Weihnachtsstimmung - und das mitten im Herbst. Auf den Tischen stehen Teller mit Spekulatius und Schokolade, dazwischen liegen Tannenzweige und Nüsse.

Während draußen noch das Laub von den Bäumen fällt, sitzen drinnen mehr als zwei Dutzend Weihnachtsmänner, Christkinder und Engel. Sie alle schauen konzentriert auf eine Leinwand. In der Mitte der Tafelrunde sitzt Willi Dahmen und guckt ernst über die Goldrandbrille. Er ist auf einer alljährlichen Mission. "Ich möchte, dass wir vernünftig aussehende, gut geschulte Weihnachtsmänner im Land haben", sagt der 63-Jährige.

Mit seinen Seminaren für Miet-Weihnachtsmänner ist Dahmen längst zu einer bundesweiten Institution geworden. In diesem Jahr sind sogar erstmals Teilnehmer aus Italien und den Niederlanden angereist. Auch ein Stuttgarter ist dabei. Das Seminar ist kostenlos. Manche Teilnehmer sind schon mehrfach dabei gewesen. So wie Wolfgang Kunstein (72) aus Winsen/Luhe, der über seinen Nebenjob als Weihnachtsmann schwärmt: "Man ist zwar an Heiligabend nicht zuhause, aber man bekommt von den Kindern so viel zurück."

Willi Dahmen bringt alles mit, was ein Weihnachtsmann haben muss. Weiße Haare, einen langen Rauschebart und einen gemütlichen Bauch, der erst in einem roten Mantel so richtig zur Geltung kommt. Der gebürtige Krefelder sehe auch ohne Kostüm so authentisch aus, dass selbst im Sommer an der Ostsee die Kinder glauben, vor ihnen im Meer bade der Weihnachtsmann, erzählt seine Lebensgefährtin.

Hinter Dahmen bricht das Licht durch die Fenster der Gaststätte. "Der Weihnachtsmann isst, trinkt und telefoniert nicht im Kostüm," sagt Dahmen, "ich habe schon Weihnachtsmänner gesehen, die sich auf dem Weihnachtsmarkt an dem Glühweinstand den Bart runterziehen und dann einen trinken. Sowas geht gar nicht!" Die Liste der Verhaltensrichtlinien ist lang. Kein Rauchen, kein Fluchen, keine Werbung. Danach geht es ums Aussehen. Nicht jedes Kostüm ist gleich. "Diese Fünf-Euro-Kostüme aus dem Supermarkt sollten meiner Meinung nach nur zu Karneval verkauft werden", sagt Dahmen. Wer authentisch sein will, sollte für ein Outfit rund 150 Euro ausgeben. Im Idealfall ist auch noch der Bart echt, es gibt aber auch gute Alternativen zum Ankleben.

Die Runde fachsimpelt über die Vor- und Nachteile. Am lebenden Objekt erklärt Dahmen dann die Unterschiede zwischen einem günstigen Kostüm von der Stange und Maßanfertigungen, wie sie einige der Seminar-Teilnehmer tragen. Während Dahmen um das Modell geht, klimpern die Schellen an seinen schwarzen Lederstiefeln. "Ich weiß noch, als er plötzlich das erste Mal im Kostüm vor mir saß. Ich habe sofort Gänsehaut bekommen. Da fühlt man sich direkt wieder als Kind!", erzählt sein Lebensgefährtin Anne Wrogemann. "Ich hätte nie gedacht, mal mit dem echten Weihnachtsmann unter einem Dach zu wohnen." Mittlerweile trägt sie selber einen roten Pullover und weißes Kunstfell über den Schultern.

Sie hat mit ihm schon viele Weihnachten erlebt und weiß, mit welchem Herzblut er dabei ist. Vor allem an Heiligabend. Dann klingelt das Telefon pausenlos. Wenn viele Familien plötzlich doch niemanden haben, der zur Bescherung vorbei kommt. Aber Willi Dahmen kann nicht überall sein. "Mehr als 10 Besuche an Heiligabend sind schwierig", sagt er selber. Nach gut drei Stunden bekommen alle Teilnehmer ein Diplom. Und Willi Dahmen erzählt von seinen schönsten Erinnerungen: "Immer dann, wenn ich rausgehe und bei den Familien sehe, dass da ein Tränchen läuft. Dann weiß ich genau: Jetzt habe ich das erreicht, was ich wollte. Ich habe denen ein schönes Weihnachtsfest beschert."

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