Jedes Jahr kommen Tausende Menschen durch Aspirin, Paracetamol und Ibuprofen zu Schaden. Hunderte sterben an den Medikamentenklassikern gegen Schmerzen, Kater und grippalen Infekt.
Da diese Arzneimittel jedoch millionenfach geschluckt werden und effektiv Beschwerden lindern, ist kaum davon die Rede, dass sie eben auch zu Magenblutungen, Leberschäden, Asthma, Nierenversagen - und manchmal sogar zum Tod - führen können.
Die genaue Zahl der Opfer ist ungewiss, denn diese Medikamente können in vielen Ländern ohne Rezept gekauft werden. Das soll sich ändern. Seit dem 1. April ist zumindest Paracetamol verschreibungspflichtig. Nur in geringer Dosis bleibt es frei verkäuflich. Weiterhin gibt es seit diesem Monat auch Johanniskraut nur noch auf Rezept.
"Es geht nicht darum, den Stellenwert dieser Medikamente in Frage zu stellen", sagt Wolf-Dieter Ludwig, Vorsitzender der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft. "In vielen Fällen sind beide Mittel sehr gut geeignet und haben unbestreitbare Vorteile."
Diese gelte es jedoch abzuwägen gegen Risiken. "Bei Paracetamol sollte die dauerhafte Einnahme verhindert werden", so Ludwig. "Das Mittel ist eben auch toxisch."
Bei chronischem Gebrauch oder Überdosierung kann Paracetamol die Leber schädigen, auf Dauer ist auch die Niere in Gefahr. Ärzte kennen den Begriff der Analgetika-Nephropathie - Nierenversagen durch Schmerzmittelmissbrauch.
Fünf bis zehn Prozent der Dialysepatienten müssen deswegen zur Blutwäsche. In seltenen Fällen kommt es durch Paracetamol zu Gerinnungsstörungen, das Asthmarisiko scheint durch den Fiebersenker auch etwas erhöht zu sein.
Auf der nächsten Seite: Gefährliche Schmerzkiller und wenig beruhigendes Johanniskraut
Gefährliche Schmerzkiller
Dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zufolge ist Paracetamol das am häufigsten gekaufte und angewendete Schmerzmittel in Deutschland. Leider steht es auch unter den Top Ten der Mittel mit fatalen Nebenwirkungen. "Es wird in suizidaler Absicht genommen oder führt versehentlich zu Schäden", sagt Ulrich Hagemann, beim BfArM zuständig für Arzneimittelsicherheit.
Mehr als 4000 Überdosierungen registrieren die Giftnotrufzentralen in Deutschland jedes Jahr, etwa 400 davon sind versuchte Selbsttötungen. In Großbritannien wurde die Packungsgröße daher schon vor Jahren verringert.
Ausschlaggebend für die neu eingeführte Rezeptpflicht war, dass der hilfreiche Schmerzkiller schon in relativ geringer Menge gefährlich wird. "Die jetzt noch frei verkäufliche Dosis von 20 Tabletten zu je 500 Milligramm liegt mit insgesamt zehn Gramm an der Grenze zur Leberschädigung", sagt Hagemann. "Bei chronischem Gebrauch ist die schädliche Dosis sogar noch geringer."
Die ebenfalls neu eingeführte Rezeptpflicht für Johanniskraut "ist sehr vernünftig", sagt Wolf-Dieter Ludwig; sie hat aber andere Gründe. Das pflanzliche Mittel hilft gegen leichte und mittlere Depressionen. "Präparate gegen Depressionen sollten nur gegeben werden, wenn die Diagnose richtig gestellt und die Therapie überwacht wird", sagt Ulrich Hagemann vom BfArM.
Außerdem verhütet die Antibabypille nicht mehr zuverlässig, wenn gleichzeitig Johanniskraut genommen wird. Weiterhin gibt es Hinweise, dass Johanniskraut die Wirkung von Cyclosporin abschwächt. Dieses Mittel soll verhindern, dass transplantierte Organe abgestoßen werden.
"Die Wechselwirkungen der Präparate sind ein weiteres Beispiel dafür, dass auch pflanzliche Mittel nicht frei von Risiken sind", sagt Ulrich Hagemann.