Wenn marode Wasserrohre nicht ausgetauscht, sondern stattdessen mit Kunstharz (Epoxidharz) ausgekleidet werden, können bedenkliche Chemikalien ins Trinkwasser gelangen. So geschah es in einer Wohnanlage im Kölner Stadtteil Weidenpesch: Hier floss nach einer solchen Sanierung mit Bisphenol A (BPA) belastetes Wasser aus den Hähnen. Ein Bewohner minderte die Miete - zu Recht, wie das Amtsgericht Köln urteilte (Aktenzeichen 201 C546/10). BPA wirkt ähnlich wie das Hormon Östrogen; es steht im Verdacht, die Fortpflanzung zu stören und Krebs auszulösen.
Der Deutsche Verein des Gas- und Wasserfaches (DVGW) reagierte prompt und zog sein Regelwerk für die Rohrinnensanierung zurück, da "relevante Datengrundlagen" fehlen. Damit entspreche diese Sanierungsmethode nicht den allgemein anerkannten Regeln der Technik, stellt der Hauseigentümerverband "Haus und Grund" fest und warnt: Wer die Rohre so sanieren lasse, riskiere Schadenersatz- und Schmerzensgeldansprüche von Mietern. Auch viele Wasserversorger untersagen inzwischen die Auskleidung von Rohren mit Epoxidharz. Umweltorganisationen wie das International Chemical Secretariat aus Schweden fordern ein EU-weites Verbot für Materialien in Wasserrohren, die BPA abgeben können.
Womöglich gibt es aber noch weitere Problemstoffe. "BPA im Trinkwasser mag problematisch sein", sagt Ingrid Chorus, die im Umweltbundesamt die Abteilung Trinkwasser leitet. Doch "ein möglicherweise viel größeres Risiko besteht darin, dass die vielen Werkstoffe in Rohren und Dichtungen keiner Zulassung unterliegen". Es existierten keinerlei gesetzliche Vorschriften, welche Materialien Installationsfirmen einsetzen dürfen. In Deutschland gebe es lediglich ein freiwilliges Prüfsiegel.
Chorus fordert, dass alle Materialien im Rohrnetz, die mit dem Trinkwasser in Berührung kommen, einer Zulassung unterliegen sollten. "Normalerweise kommt Trinkwasser einwandfrei am Hausanschluss an. Das Problem sind die Installationen im Haus selbst. Das galt für die alten Bleirohre, und das gilt heute auch für manche Metalle und insbesondere für ungeprüfte Kunststoffprodukte."
Gerade bei den dünnen Rohren im Haus ist das Verhältnis von Oberfläche zu Volumen groß. Das heißt, dass Substanzen stärker ins Trinkwasser übergehen, vor allem in Warmwasserleitungen, wenn das Wasser längere Zeit darin steht. Bis nur noch geprüfte Materialien verwendet werden dürfen, mag noch Zeit vergehen. Chorus empfiehlt derweil: "Trinkwasser immer erst ein wenig ablaufen lassen, und für die Zubereitung von Essen Wasser aus dem Kaltwasserhahn benutzen."