Ernährung:Die Lebensmittel-Ampel wirkt

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Der Nutri-Score soll auf einen Blick zeigen, wie ausgewogen oder unausgewogen ein verarbeitetes Lebensmittel ist. (Foto: Christophe Gateau/dpa)

Die Kennzeichnung nach gesundheitlichen Nutzen mit einer Farbskala ist sicher längst nicht perfekt - doch gibt sie beim Einkauf zumindest etwas Orientierung.

Kommentar von Hanno Charisius

Die Zuckerindustrie hat offenbar sehr große Angst. Am Mittwoch verschickte die Wirtschaftliche Vereinigung Zucker (WVZ) eine Pressemitteilung, in der sie vor einer Kennzeichnung von Lebensmitteln mit dem sogenannten Nutri-Score warnt. Der sei eine "Vebraucherfalle". Gegen die "gesellschaftliche Herausforderung" Übergewicht helfe allein der Blick auf die Kalorienbilanz. Denn, so schreibt die WVZ, "Lebensmittel lassen sich nicht in gesund und ungesund einteilen".

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Oh doch, das geht. Wasser zum Beispiel ist lebenswichtig. Limonade mit Zucker hingegen stellt nicht nur einen tückischen Angriff auf den Zahnschmelz dar, sondern liefert zudem Kalorien, die meist überflüssig sind. Natürlich ist die Einteilung in "gesund" und "ungesund" nicht immer so einfach wie in diesem Beispiel. Deshalb hat die französische nationale Gesundheitsbehörde den Nutri-Score entwickelt, in den ungünstige und günstige Nährfaktoren einfließen. Was nach anerkannten Maßstäben eher günstig auf die menschliche Gesundheit wirkt, bekommt Minuspunkte, ungünstige Nährwertelemente erhalten Pluspunkte. Je niedriger der Wert ist, nachdem alles addiert wurde, desto besser.

Kein Wunder, dass die Zuckerindustrie ein Problem mit dieser Einteilung hat

Der Score teilt das Gesamtergebnis, das zwischen minus 15 und plus 40 Punkten liegen kann, in fünf Kategorien von A bis E ein. A und B haben die niedrigsten Werte und sind grün gekennzeichnet, die Kategorie C deckt Werte von drei bis zehn Punkten ab und ist gelb markiert. D (orange) und E (rot) stehen für noch höhere Werte. Ein hoher Zuckeranteil in einem Produkt treibt den Score recht schnell an den roten Rand der Skala. Kein Wunder, dass die WVZ, nach eigenen Angaben die "zentrale Organisation der deutschen Zuckerwirtschaft", ein Problem mit dieser Einteilung hat.

Ja, das System ist ganz sicher nicht perfekt - aber immerhin scheint es zu wirken. Frankreich hat die bunte Buchstabenskala 2017 eingeführt, und erste Untersuchungen haben gezeigt, dass die Menschen im Supermarkt eher zu Nahrungsmitteln mit grüner Kennzeichnung greifen. Der Schlichtheit des Nutri-Score-Systems ist geschuldet, dass auch Dinge noch ein grünes B-Kennzeichen bekommen können, denen man nicht unbedingt gesundheitlichen Nutzen zuschreiben würde, Fischstäbchen zum Beispiel, Trinkjoghurt oder andere stark gezuckerte Milchprodukte, nur weil sie etwas Protein enthalten. Doch Studien haben gezeigt, dass Menschen, die vorwiegend grün gekennzeichnete Produkte kaufen, weniger Kalorien, Zucker und gesättigte Fettsäuren zu sich nehmen, aber mehr Ballaststoffe, Vitamine und Mineralstoffe. Vielleicht nicht so gesund, wie es sich Ernährungsmediziner wünschen - aber deutlich besser als ohne Kennzeichnung.

© SZ vom 18.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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