Die Patientin klagte über Ohrgeräusche und Kopfschmerzen, einige Tage schon, aber ahnte nichts Böses: Es mochte wohl eine Stirnhöhlenentzündung sein. Doch tatsächlich litt die Leiterin der Bayerischen Staatskanzlei, Christine Haderthauer, an einer sogenannten Dissektion ihrer Halsschlagader - einer Aussackung der inneren Gefäßwand, die im Begriff war, das Blutgefäß zu verschließen. Glücklicherweise erkannten ihre Ärzte das Problem rechtzeitig, und die Politikerin ist nach einer Behandlung mittlerweile auf dem Wege der Besserung. Anderenfalls hätte die CSU-Ministerin einen schweren Schlaganfall erleiden können. Christine Haderthauer ist 51 Jahre alt.
Mehr als 250 000 Menschen erleiden jährlich in Deutschland einen Schlaganfall, also einen Infarkt oder eine Blutung im Gehirn, die zu neurologischen Ausfällen führt. Es handelt sich um die dritthäufigste Todesursache und den häufigsten Grund für Behinderung in Deutschland, also um alles andere als ein randständiges Problem.
Dass davon auch junge Menschen nicht selten betroffen sind, werde allerdings unterschätzt, meint Joachim Röther, Chefarzt der Neurologischen Abteilung der Asklepios-Klinik Altona in Hamburg und Sprecher der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft. Immerhin 10 000 Menschen unter 45 Jahren treffe hierzulande jedes Jahr der Schlag.
Diabetes, Bluthochdruck und Übergewicht fordern ihren Tribut bereits bei Jüngeren
Neue Studienergebnisse neuseeländischer Mediziner lassen sogar annehmen, dass die Anzahl jüngerer Schlaganfallpatienten weltweit ansteigt. Die Forscher ermittelten, dass der Anteil der Patienten unter 64 Jahren mittlerweile 31 Prozent ausmacht (The Lancet, Bd. 383, S. 9913, 2014). 1990 lag diese Größe noch bei 25 Prozent.
"Die Daten sind nicht ganz einfach zu interpretieren", schränkt Arndt Rolfs, Neurologe vom Universitätsklinikum Rostock, die Aussage ein, "es bestehen in den untersuchten Ländern sehr unterschiedliche Bedingungen, was in der Auswertung nicht berücksichtigt wurde." So resultierten Schlaganfälle in tropischen Ländern vor allem aus Infektionskrankheiten wie Malaria. In den Küstenregionen der USA hingegen würden Hirninfarkte bei Jüngeren in zunehmendem Maße als Folge von Drogenkonsum auftreten. Vor allem aber würden die Symptome heute schneller und zuverlässiger erkannt, was zwar die Anzahl der Diagnosen erhöhe, nicht aber unbedingt die tatsächliche Erkrankungszahl, so Rolfs: "Es gibt bislang keine Daten, die eine Verjüngung der Patientenklientel eindeutig belegen."