Hormonüberschuss:Nachteil Zwillingsbruder

Wenn im Bauch einer Schwangeren gleichzeitig ein Mädchen und ein Junge heranwachsen, ist das schlecht für das Mädchen. Forscher vermuten, es liegt am Testosteron des Jungen.

Von Hanno Charisius

Wenn im Bauch einer Schwangeren gleichzeitig ein Mädchen und ein Junge heranwachsen, hat das für das Mädchen langfristig gesehen Nachteile. Es hat ein höheres Risiko, die Schule abzubrechen und verdient später im Beruf wahrscheinlich weniger als Frauen, die sich den Mutterleib mit einer Schwester geteilt haben. Diese Zwillingsmädchen haben im Mittel auch weniger Kinder und heiraten seltener. Das zeigt eine Datenanalyse im Wissenschaftsjournals PNAS. Der Verhaltensökonom Krzysztof Karbownik von der Emory University in Atlanta hat mit Kollegen den Werdegang von 13 800 Zwillingen verfolgt, die zwischen 1967 und 1978 in Norwegen zur Welt kamen. Die Forscher spekulieren, dass die sozioökonomischen Effekte mit der erhöhten Testosteronkonzentration, der die Mädchen im Mutterleib ausgesetzt waren, zusammen hängen könnten. Bei etwa vier von 1000 Geburten kommen zweieiige Zwillinge zur Welt, etwa die Hälfte davon in der zweigeschlechtlichen Kombination Bruder und Schwester. Etwa zwei Monate nach der Zeugung beginnt der männliche Fötus mit der Produktion des Geschlechtshormons Testosteron, das die Entwicklung seiner Geschlechtsorgane steuert. Mädchen kommen normalerweise nur mit äußerst geringen Testosteronmengen in Kontakt. Während einer gemischtgeschlechtlichen Zwillingsschwangerschaft könnte das Hormon jedoch aus der Fruchtblase des Jungen in die des Mädchens gelangen. Aber auch andere Erklärungen sind für die Unterschiede in den Lebensläufen nahe liegend. Die Benachteiligung der Zwillingsschwester könnte auch bewusst oder unbewusst durch das soziale Umfeld nach der Geburt entstanden sein.

© SZ vom 20.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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