Wut auf Barclays:Zoff um die Verramschung von Lehman

Lesezeit: 2 min

Nach der Lehman-Pleite schnappte sich die Barclays Bank für einen Spottpreis das Filetstück von Lehman. Dabei wurde womöglich ordentlich gemauschelt.

Die Pleite der US-Bank Lehman Brothershat rund um den Globus schwere Verwerfungen an den Finanzmärkten verursacht.

Doch einer hat prächtig daran verdient: die britische Barclays Bank: Sie hatte nach dem Lehman-Kollaps das nordamerikanische Kerngeschäft der Investmentbank übernommen. Es war das Filetstück der Bank.

Das heutige Lehman-Management wirft Barclays nun vor, durch Kungeleien einen viel zu niedrigen Preis gezahlt zu haben. Den "Schaden" bezifferte Lehman Brothers am Donnerstag in einem Schreiben an das Insolvenzgericht in New York auf mittlerweile elf Milliarden Dollar.

Postenschacher

Vor einem halben Jahr, als der Streit zum ersten Mal hochkochte, war noch von 8,2 Milliarden Dollar die Rede. Seitdem, so sagt Lehman Brothers, seien neue Posten aufgetaucht.

Das Management der Überreste von Lehman Brothers will den Verkauf an Barclays daher nachverhandeln, um für die Gläubiger mehr Geld herauszuschlagen. Es wirft Barclays vor, vielen damaligen Entscheidungsträgern der Investmentbank lukrative Posten im eigenen Hause versprochen zu haben.

Die Bankmanager hätten daraufhin einen "Rabatt" gewährt. Dieser Umstand sei dem Insolvenzrichter und dem Verwaltungsrat, die beide dem Verkauf zustimmen mussten, verschwiegen worden.

Barclays hatte die Vorwürfe bereits als "opportunistisch" und ohne Aussicht auf Erfolg zurückgewiesen. Lehman Brothers wolle jetzt, wo sich die Wirtschaft stabilisiere, schlicht einen höheren Preis herausschlagen.

Die Briten hatten weniger als zwei Milliarden Dollar für den dicksten Batzen an einer der ehemals mächtigsten Banken der Welt gezahlt. Das Geschäft, das bestreitet auch Barclays nicht, hat sich gelohnt: Gleich nach dem Zukauf floss ein milliardenschwerer Sondergewinn.

Zugleich empört sich die Bank Merrill Lynch über die Bilanztricks von Lehman vor der Pleite. Ehemalige Merrill-Vertreter hätten die Finanzaufsicht schon im Frühjahr 2008 - also rund ein halbes Jahr vor der Insolvenz - über merkwürdige Praktiken bei Lehman informiert, berichtet die Financial Times (FT).

Eine Bestätigung von den Behörden gab es dafür nicht, doch es stellt sich die Frage, seit wann die Behörden - in dem Fall die Wertpapieraufsicht SEC und die New Yorker Vertretung der US-Notenbank Fed - tatsächlich von solchen Vorgängen gewusst haben könnte.

"Anrufe von Handelspartnern"

Lehman habe dem Board, also dem obersten Führungs- und Aufsichtsgremium der Bank, in der Zeit mitgeteilt, die Liquiditätsausstattung vergleichsweise gut sei, heißt es weiter in dem Bericht.

"Wir bekamen Anrufe von unseren Handelspartnern und Investoren", zitiert die FT einen ehemaligen Merrill-Banker. Da habe man die Behörden kontaktiert. Gleichzeitig habe es aber auch bei Merrill Diskussionen gegeben, ob die Liquidität neu kalkuliert werden müsse. "Lehman teilt der Welt mit, dass sie vor Liquidität strotze - und wir wussten, dass sie nicht besser als wir dastehen konnten".

© sueddeutsche.de/dpa/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: