Wie Gerichte urteilen:Grüne Grenzen

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Streit zwischen Nachbarn entzündet sich oft an Kleinigkeiten, wie so manche Juristen berichten. Auch Mieter und Vermieter haben oft unterschiedliche Auffassungen über Rechte und Pflichten im Garten. (Foto: Jens Schierenbeck/dpa)

Mietwohnungen mit Garten sind begehrt, können aber auch schnell zu Konflikten mit Vermietern oder Nachbarn führen. Deshalb ist eine vertragliche Regelung wichtig. Aber Achtung: Auch Behörden haben ein Wort mitzureden.

Von Stephanie Hoenig

Im Garten frühstücken, sonnenbaden oder die Kinder bolzen lassen: Für viele potenzielle Mieter sind Wohnungen oder Häuser mit Garten ein Traumobjekt. Aber der Traum kann schnell ausgeträumt sein. Dann nämlich, wenn Mieter und Vermieter unterschiedliche Auffassungen von ihren Rechten und Pflichten im Garten haben. Deshalb kommt es vor allem auf den Mietvertrag an.

"Bei vermieteten Einfamilienhäusern gilt der Garten grundsätzlich als mitvermietet", erklärt Rechtsanwalt Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund in Berlin. Es sei denn, im Vertrag steht ausdrücklich etwas anderes. Bei Mehrfamilienhäusern gebe es hingegen drei Möglichkeiten: "Der Garten ist nur zum Anschauen da, er steht allen Hausbewohnern zur Verfügung oder der Vermieter überlässt ihn einem einzigen Mieter zur alleinigen Nutzung."

Das Recht auf alleinige Gartennutzung ist Bestandteil des Mietvertrags, erläutert Ropertz. Die Nutzung eines gemeinschaftlichen Gartens könne im Mietvertrag, aber auch nur in der Hausordnung geregelt sein. Steht im Mietvertrag darüber nichts, nutzen die Mieter den Garten aber jahrelang ohne Einspruch des Eigentümers, haben sie nach der Rechtsprechung des Amtsgerichts Gießen (Az. 48 C 2699/92) womöglich stillschweigend ein Nutzungsrecht erworben, heißt es im "Test"-Magazin der Stiftung Warentest (Ausgabe 5/2015).

Ohne einschränkende Klauseln im Mietvertrag dürfen Mieter den Garten vielfältig nutzen - etwa zum Grillen, Spielen, Feiern oder zum Aufstellen eines Liegestuhls. Kinder können dort spielen und Freunde mitbringen.

Bäume oder Sträucher dürfen nicht eigenmächtig gepflanzt oder entfernt werden

"Bezüglich der Gestaltung des Gartens aber kann der Vermieter das Nutzungsrecht im Mietvertrag einschränken, denn es herrscht Vertragsfreiheit", sagt Rechtsanwältin Beate Heilmann, Mitglied des Geschäftsführenden Ausschusses der Arbeitsgemeinschaft Mietrecht und Immobilien im Deutschen Anwaltverein in Berlin. Sei beispielsweise vereinbart worden, das Rosenbeet oder die Struktur des Gartens nicht zu verändern, dürfe der Mieter hier auch nichts umgestalten - etwa statt eines Blumengartens einen Nutzgarten anlegen. Gebe es aber keine Einschränkungen, dürfe der Mieter Blumen und kleine Pflanzen nach seinem Geschmack pflanzen.

"Dagegen dürfen Bäume und größere Sträucher nicht ohne Rücksprache mit dem Vermieter entfernt oder gepflanzt werden", ergänzt Rechtsanwalt Gerold Happ vom Eigentümerverband Haus & Grund Deutschland in Berlin. Hierfür müsse der Mieter das Einverständnis seines Vermieters einholen. "Beim 'selbstherrlichen' Pflanzen und Fällen von Bäumen und Sträuchern riskieren Mieter nicht nur Konflikte mit dem Vermieter, sondern auch mit den Nachbarn und Behörden", warnt der Jurist. Denn die Nachbarschaftsgesetze der einzelnen Bundesländer enthalten Vorschriften, die bestimmte Pflanzabstände zum Nachbargrundstück festlegen. Oft sind Bäume durch die Baumschutzverordnungen geschützt, dann muss fürs Fällen eine behördliche Genehmigung eingeholt werden.

Noch etwas kann zu Problemen führen: Manche beliebte Gartenpflanzen sind giftig, etwa Goldregen, Herbstzeitlose, Tollkirsche, Engelstrompete, Blauer Eisenhut oder Oleander. "Stehen solche Pflanzen im Garten, sollten Eltern mit dem Vermieter sprechen, ob sie die Pflanzen entfernen dürfen", rät Heilmann. Denn Kinder fassen alles an und stecken vieles in den Mund. Ob bei einer Bepflanzung mit Giftpflanzen Familien mit Kindern den Garten überhaupt noch vertragsgemäß nutzen können, hält Heilmann für strittig.

Außer großen Pflanzaktionen müssen auch bauliche Veränderungen genehmigt werden. "Mieter dürfen im Garten einen Komposthaufen, einen Plastiksandkasten oder Spielgeräte für Kinder aufstellen - Dinge, die sich bei einem Auszug wieder leicht entfernen lassen", erläutert Anwalt Happ. Komplizierter werde es, wenn der Mieter bauliche Veränderungen vornehmen wolle. Dazu gehöre nach Auffassung von Gerichten beispielsweise ein Gartenhaus, ein Sichtschutzzaun oder ein einbetonierter Teich. Bei solchen als bauliche Veränderung eingestuften Maßnahmen müsse der Mieter seinen Vermieter um Erlaubnis fragen.

Rasen mähen, Unkraut jäten und Laub fegen, zu alledem kann der Mieter verpflichtet sein

Für die Pflege eines Gemeinschaftsgartens ist grundsätzlich der Vermieter verantwortlich. Die Kosten können aber als Betriebskosten auf die Mieter umgelegt werden. "Ist der Garten aber an einen einzelnen Mieter vermietet, überträgt der Vermieter in der Regel dem Nutzer die Gartenpflege", nennt Ropertz die übliche Praxis. Die Verpflichtung zur Gartenpflege im Mietvertrag bedeute aber lediglich, dass der Mieter einfache Arbeiten erledigen müsse. Das seien Tätigkeiten, die sich ohne große Kosten und Fachkenntnisse machen lassen wie Rasen mähen, Unkraut jäten und Laub fegen. Gravierende Arbeiten, wie etwa das Fällen eines morschen Baumes, gehörten nicht dazu.

© SZ vom 07.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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