Warren Buffett:"Ich bin nachlässig gewesen"

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Seltsames Timing: Genau an dem Tag, an dem Warren Buffett den höchsten zivilen Orden der USA bekommt, lobt er praktisch das gesamte öffentliche Amerika. Nur Barack Obama erwähnt er nicht.

Warren Buffett lebt nach ganz einfachen Regeln: Tue nur das, was du verstehst, vergiss nie, dass Du dabei kein Geld verlieren willst und sei dankbar, wenn das gelingt.

Warren Buffett bedankt sich in einem Brief bei Uncle Sam. (Foto: dpa)

So wurde Buffett steinreich. Doch nun ist Buffett nicht nur dankbar, sondern richtiggehend entzückt über einen Hauptgewinn. Darum hat er jetzt in der New York Times einen Brief veröffentlicht, an Uncle Sam höchstpersönlich.

Sein Motiv: offenbar auch ein schlechtes Gewissen gegenüber dem eigenen Land: Denn seine Mutter habe ihm beigebracht, ein Dankeschön sofort zu übermitteln, heißt es in dem Schreiben. "Da bin ich nachlässig gewesen."

Die Ereignisse, deren Würdigung ihm so wichtig ist, liegen immerhin nun schon zwei Jahr zurück. Es geht um den September 2008, als "unser Land vor der ökonomischen Kernschmelze stand". Buffett beschreibt in dramatischen Worten die Vorgänge dieser Zeit: Die großen Hypothekenfinanzierer Fannie Mae und Freddy Mac hätten unter staatliche Aufsicht gestellt werden müssen, eine der mächtigen Investmentbanken an der Wall Street sei kollabiert, die drei anderen "drohten zu folgen" und AIG, der "berühmteste Versicherer der Welt", habe an der Schwelle zum Tod gestanden.

Den größten Industriekonzernen des Landes habe Geldnot gedroht. "Meine eigene Firma, Berkshire Hathaway, wäre möglicherweise erst zuletzt gefallen, aber das wäre dann auch wenig tröstlich gewesen."

Alles drohte zu zerbröseln

Aber es sei ja nicht nur ums Geschäft gegangen, auch 300 Millionen Amerikaner habe gedroht, wie Dominosteine umzufallen - "in Lichtgeschwindigkeit". Ein paar Tage zuvor habe damals noch alles gut ausgesehen. "Jobs, Einkommen und Vermögen - schienen sicher zu sein, doch praktisch über Nacht drohte alles zu zerbröseln."

"Nur eine Gegenkraft war vorhanden, und das warst Du, Uncle Sam", lobt Buffett. Seine Dankbarkeit ist verständlich, denn dass Buffett so glimpflich durch diese Zeit kam, verdankt er vor allem dem amerikanischen Steuerzahler.

Wie kaum ein anderer hat Buffett, der mit seinen vielen Investments gleichsam eine lebende Wette auf die amerikanische Wirtschaft ist, von der Gegenkraft Uncle Sam profitiert.

Gesellschaften, an denen er über sein Unternehmen Berkshire beteiligt war oder ist, erhielten zeitweise fast 100 Milliarden Dollar aus dem Notprogramm der US-Regierung. Darum hatte Buffett noch genügend Geld, um seinerseits wiederum Banken zu retten. Nicht Lehman, das war ihm zu unsicher, sondern Goldman, denen er ein paar Milliarden Dollar zu Verfügung stellte.

Und da er sich weit besser entlohnen ließ als die Regierung für die zur Verfügung gestellten Steuermittel, hat er bereits mehr als eine Milliarden Dollar an seiner Rettungsaktion verdient. Da muss man doch einfach dankbar sein. Aber warum gerade jetzt?

Möglicherweise brachte ihn US-Präsident Obama darauf. Der verleiht ihm, Buffett, und 14 weiteren Personen - darunter auch Kanzlerin Angela Merkel - die Freiheitsmedaille, vor allem wohl für die gewaltigen Spenden, die Buffett der Stiftung von Bill und Melinda Gates zukommen lässt.

Da darf man sich als renditeorientierter Investor schon mal erkenntlich zeigen mit lobenden Worten. Aber halt: Es fällt auf, dass neben dem früheren Finanzminister Hank Paulson, seinem Nachfolger Tim Geithner und George W. Bush, - "den ich nie gewählt habe" - ausgerechnet ein Name in Buffetts Brief nicht genannt wird: Der des persönlichen Überbringers der Freiheitsmedaille, Barack Obama, den Buffett im Wahlkampf so sehr unterstützt hatte.

Es ist möglich, dass Buffett die Leser seines Schreibens piesacken wollte: Könnte es sein, dass ..... ja, dass das Verhältnis Obama-Buffett mittlerweile abgekühlt ist? Oder ist die fehlende Erwähnung des US-Präsidenten lediglich der Zeit geschuldet ist, die Buffett so mitgenommen hat: Im September 2008 war Obama lediglich Kandidat, kein Präsident. Geithner hingegen nahm als Chef der Notenbank-Filiale New York an den wichtigen Rettungsaktion teil.

Doch der Milliardär hat noch ein weiteres Kennzeichen: Treue. Seine bevorzugte Haltezeit für Investments sei "für immer", hatte er einmal gesagt. Diese Loyalität sollte eigentlich auch für Obama gelten.

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