Versicherungen:Vorsicht auf der Baustelle

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Wer sich an den Hausbau wagt, trägt Verantwortung und geht zum Teil auch hohe Risiken ein. Einige davon lassen sich aber ganz gut absichern.

Von Jonas Tauber

Auf einer Baustelle lauern viele Gefahren. Wer ein Haus baut oder bauen lässt, ist dafür verantwortlich, dass Baugruben und Gerüste gegen Unfälle gesichert sind - auch dann, wenn er Baufirmen beschäftigt. Kommt der Bauherr dieser Pflicht nicht nach, haftet er für Schäden bei Dritten. Kippt das Gerüst zum Beispiel auf einen Passanten und kann der wegen der Unfallfolgen nicht mehr arbeiten, sind schnell sechsstellige Summen fällig. Ein spezieller Haftpflichtschutz sei deshalb ein Muss, sagt der Hamburger Versicherungsberater Roland Harstorff. Zwar ist das Risiko in der privaten Haftpflichtversicherung oft abgesichert, allerdings nur für relativ geringe Bausummen. "Bei einer Bausumme von bestenfalls 200 000 Euro ist Schluss, und das reicht für einen Neubau kaum", sagt Harstorff. Bei älteren Verträgen könne es auch deutlich weniger sein. Wer teurer baut, braucht deswegen eine Bauherrenhaftpflichtversicherung.

"Das Diebstahlrisiko muss gegen Aufpreis versichert werden."

"Deren Versicherungssumme sollte nicht unter zwei Millionen Euro liegen", empfiehlt Harstorff. Vermögensschäden sind oft auf einen Höchstbetrag unterhalb der Versicherungssumme begrenzt. Ein Vermögensschaden ist etwas anderes als ein Personen- oder Sachschaden. "Lädt ein Lieferant Baumaterialien so ab, dass der Nachbar sein Auto nicht bewegen kann und deshalb einen wichtigen Termin verpasst, kann das zu einem Vermögensschaden führen", erklärt Timo Suchert vom Hannoveraner Versicherer VHV. Bei dem Unternehmen sind solche Folgeschäden bis zur vollen Höhe der Versicherungssumme abgedeckt. Kriegsentscheidend ist das aber nicht. "Sach- und Personenschäden sind die entscheidenden Bedrohungen für Bauherren", sagt Suchert.

Bei einer Bausumme von 400 000 Euro und einer Versicherungssumme von fünf Millionen Euro kostet die VHV-Police 114 Euro für zwei Jahre. Wollen Bauherren und Freunde selbst Hand anlegen, verlangt die VHV einen Aufpreis.

Neben einer Haftpflichtdeckung brauchen Bauherren außerdem in jedem Fall eine Feuerrohbauversicherung, sagt Versicherungsberater Harstorff. Die greift, wenn ein Feuer den Rohbau vernichtet oder beschädigt. Die Versicherer bieten den Schutz als Vorläufer zur Wohngebäudeversicherung an. Diese ist die zentrale Deckung für fertige Häuser gegen Risiken wie Hagel, Sturm oder eben Feuer. "Man schließt dafür die Wohngebäudeversicherung zwei Jahre vor der Fertigstellung des Hauses ab", sagt Suchert von der VHV. "Die beiden Jahre sind beitragsfrei unter der Voraussetzung, dass der Kunde seine Wohngebäudeversicherung nicht anschließend kündigt." Tut er das doch, stellt der Versicherer eine Rechnung für die Feuerrohbauversicherung aus. Die Kalkulation der Wohngebäudeversicherung hängt nicht nur vom Wert des Hauses ab, sondern auch vom Standort, sagt Suchert. Zur Orientierung: Bei der VHV liegt der durchschnittliche Jahresbeitrag bei 300 Euro bis 350 Euro für eine Wohngebäudeversicherung.

Kommt es aus anderen Gründen als einem Feuer zu Schäden am Rohbau oder an Baumaterialien, brauchen Bauherren eine Bauleistungsversicherung. "Unvorhersehbare Schäden durch alle Risiken außer Feuer und Diebstahl sind hier standardmäßig versichert", sagt VHV-Experte Suchert. Typisch seien Schäden durch Überschwemmung oder Sturm, aber auch Vandalismus. "Das Diebstahlrisiko muss gegen Aufpreis versichert werden." Der optionale Diebstahlschutz beschränkt sich auf fest verbaute Teile, bewegliche Dinge wie Baumaterial sind nicht gedeckt. Verursacht der Versicherungsnehmer selbst einen Schaden, kann der Versicherer bei grober Fahrlässigkeit die Leistung kürzen, so Suchert.

Kürzungen sind ebenfalls möglich, wenn sich eine Gefahr - etwa ein schwerer Sturm - lange vorher ankündigt, der Versicherungsnehmer aber keine Vorsichtsmaßnahmen ergreift. Die Versicherungssumme ist bei der Bauleistungsversicherung identisch mit der Bausumme. Für einen Vertrag mit einer Bausumme von 400 000 Euro verlangt die VHV einmalig knapp 1000 Euro für zwei Jahre Bauzeit.

Verletzen sich Bauarbeiter auf der Baustelle, sind sie über die gesetzliche Unfallversicherung abgesichert. Für den Bauherren ist wichtig, dass er freiwillige Helfer dafür bei der Berufsgenossenschaft anmeldet. Tut er das nicht, greift der Schutz zwar trotzdem, aber die Berufsgenossenschaft kann Bußgelder verhängen, berichtet Suchert. Für die Anmeldung der Arbeiter beauftragter Baufirmen seien diese selbst zuständig. Wer "schlüsselfertig" bauen lässt und erst nach Fertigstellung des Baus Eigentümer wird, kann sich unter Umständen den Abschluss der Baupolicen sparen. Ist die Verantwortlichkeit für den gesamten Bauprozess an einen Bauträger delegiert, ist der Auftraggeber möglicherweise von einer Haftung freigestellt. Das sei Vertragssache, sagt der Hamburger Versicherungsmakler Carsten Münte. Generell empfiehlt es sich, die Versicherungssituation mit dem Bauträger genau abzustimmen. "Einer von beiden muss auf jeden Fall eine Haftpflichtversicherung, eine Bauleistungsversicherung und eine Feuerrohbauversicherung abschließen", sagt er.

Geht die Baufirma pleite, ist der Traum vom Eigenheim möglicherweise ausgeträumt

Wer den gesamten Bauprozess an ein Bauunternehmen delegiert, sollte sich davon überzeugen, dass dieses finanziell gut aufgestellt ist. In dem Zusammenhang ist es sinnvoll, sich vom Unternehmen das Bestehen einer Betriebshaftpflichtversicherung nachweisen zu lassen, sagt Berater Harstorff.

Geht das Unternehmen während der Bauphase pleite, ist der Traum vom Eigenheim möglicherweise ausgeträumt. Der Auftraggeber kann dann nur hoffen, dass das Unternehmen eine Baufertigstellungsversicherung* abgeschlossen hat. Denn dann übernimmt der Versicherer die weitere Finanzierung der Bauarbeiten. In der Realität kommt das laut Versicherungsmakler Münte aber selten vor: "Viel zu wenige Unternehmen in Deutschland schließen eine solche Versicherung ab."

*Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version stand an dieser Stelle Baugewährleistungsversicherung. Richtig ist Baufertigstellungsversicherung.

© SZ vom 21.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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