Es gab Zeiten, da war Grover Norquist in Washington ein Star. Der 52-jährige Anti-Steuer-Lobbyist rühmt sich, schon mit 14 Jahren die erste Kampagne gegen staatliche Abgaben entworfen zu haben.
Die Ungleichheit der Einkommen hat in vielen Staaten in den vergangenen Jahren zugenommen. Darauf wollen viele Regierungen jetzt reagieren. Für eine Grafik mit internationalen Vergleichswerten klicken Sie bitte auf das Foto.
(Foto: Foto: dpa)Als der konservative Präsidentschaftskandidat John McCain gegen Steuersenkungen des damaligen Präsidenten George W. Bush votierte, schimpfte Norquist ihn einen "Bolschewisten".
Norquists aktuelles Buch heißt "Lasst uns allein: Wie wir die Hände des Staates von unserem Geld, unseren Waffen und unserem Leben wegkriegen". Und vor allem gilt er als einer der Architekten der massiven Steuersenkungen, mit denen George Bush vor allem Amerikas Besserverdiener beglückte - und damit die Kluft zwischen Arm und Reich in dem traditionell wenig egalitären Land noch vergrößerte.
Trickle-down-Effekt hat keine Konjunktur mehr
Nun sieht es ganz so aus, als ob Norquists große Zeiten vorbei sind, und das nicht nur, weil er Verbindungen zu dem wegen Korruption verurteilten Lobbyisten Jack Abramoff hatte.
Norquists Argument, dass niedrigere Abgaben für Reiche gut für das gesamte Land sind (Trickle-down-Effekt), hat in den Vereinigten Staaten keine Konjunktur mehr. Und anderswo auch nicht: Großbritannien, einst Vorbild liberaler Politiker, erhöht kommendes Jahr den Spitzensteuersatz von 40 auf 50 Prozent.
Der Staat braucht das Geld, weil sich seine Schulden wegen des Bankenchaos und der Rezession in den nächsten vier Jahren verdoppeln könnten. Und auch in Deutschland will die SPD Gutverdiener nochmal stärker belasten. Der Trend, dass Einkommensstarke immer weniger zahlen müssen, scheint gestoppt zu sein - auch weil die Spaltung der Gesellschaften zugenommen hat.
Geld für die Gesundheitsreform
In den Vereinigten Staaten nehmen diese Woche die Demokraten im Repräsentantenhaus den Plan von US-Präsident Barack Obama auf, bei Topverdienern stärker zu kassieren.
Wer mehr als eine Million Dollar im Jahr verdient, soll künftig 45 Prozent bezahlen, bisher sind es weniger als 40. Schon von einem Einkommen von 350.000 Dollar an sollen Steuerzahler mehr zahlen. Mit den Einnahmen von einer halben Billion Dollar in zehn Jahren wollen die Demokraten die Gesundheitsreform finanzieren - momentan haben schätzungsweise fast 50 Millionen Amerikaner überhaupt keine Krankenversicherung.
Die Reichen sollen also dafür bezahlen, dass es den Ärmeren besser geht. In Amerika wird diese Diskussion aber nicht von den klassenkämpferischen Tönen begleitet, die in Europa zu hören sind.
Keine scharfe Rhetorik
Auch Präsident Obama hält sich mit scharfer Rhetorik sehr zurück. Von einer "Reichensteuer" spricht kaum jemand. Anders in Deutschland, wo die SPD die Umverteilung als Wahlkampfthema entdeckt hat. Künftig soll der Spitzensatz 47 statt 45 Prozent betragen. Bezahlen sollen ihn nach dem Willen der Sozialdemokraten Deutsche womöglich bereits von einem Einkommen von 125.000 Euro an (bei Verheirateten das Doppelte).
Lesen Sie auf zweiten Seite, mit welchen Argumenten die SPD Großverdiener stärker belasten will.