US-Fiskus weitet Ermittlungen aus:Und jetzt der Rest der Schweiz

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Das hatten sich die Schweizer anders vorgestellt: Kaum ist der Streit mit der UBS beigelegt, weitet die US-Steuerbehörde ihre Ermittlungen auf andere eidgenössische Institute aus.

Moritz Koch

Auf die Kapitulation der UBS folgt womöglich nur ein kurzer Frieden. Gerade erst hat sich die Schweizer Großbank der amerikanischen Steuerbehörde IRS bebeugt und die Weitergabe von Kundendaten versprochen, da sammeln die USA schon wieder Informationen, mit denen sie gegen Schweizer Finanzunternehmen vorgehen können.

Gebäude der Credit Suisse in Zürich: Erst hatten es die amerikanischen Steuerermittler auf die Schweizer Großbank UBS abgesehen, nun trifft es auch die Konkurrenz. (Foto: Foto: AP)

Dieses Mal laufen die Credit Suisse, Julius Baer, die Zürcher Kantonalbank und Union Bancaire Privée Gefahr, am Pranger Washingtons zu enden.

Die UBS hingegen darf hoffen, bis auf weiteres von den Amerikanern verschont zu werden. Am Mittwoch unterschrieben die Schweiz und die USA ein Abkommen, auf das sich beide Seiten vergangene Woche geeinigt hatten, um den Steuerstreit zwischen UBS und IRS zu lösen.

UBS zahlte bereits 780 Millionen Dollar Strafe

Erstmals wurden Details genannt. Insgesamt sollen die Amerikaner Informationen über 4450 Kunden erhalten. Dafür entgeht die UBS einer erneuten Geldbuße. Sie hat sich schuldig bekannt, vermögenden Amerikanern bei der Steuerflucht geholfen zu haben und dafür im Februar bereits 780 Millionen Dollar an den US-Fiskus bezahlt.

Das Interesse der Schweizer an dem Abkommen ist enorm. Eine Pressekonferenz des Bundesrates wurde live im Fernsehen übertragen. Der Steuerstreit hatte sich zu einer schweren Belastung für die diplomatischen Beziehungen zwischen beiden Ländern entwickelt.

Für die Schweiz gleicht das Bankgeheimnis einem nationalen Heiligtum. Doch der Entschlossenheit der Supermacht USA konnte sie nur wenig entgegensetzen - auch weil die UBS in denkbar schlechter Verfassung ist. Durch Spekulationen mit amerikanischen Schrottimmobilien schwer angeschlagen, fehlte dem Finanzkonzern die Kraft, der IRS die Stirn zu bieten.

Vertrauensschwund

Mit der Freigabe der Kundendaten schwindet das Vertrauen in das einst legendäre Schweizer Bankgeheimnis. Wie stark die Erosion schon vorangeschritten ist, zeigt eine neue IRS-Initiative.

Dabei nutzt die Steuerbehörde ein Amnestie-Angebot, das sie vermeintlichen Steuerflüchtlingen gemacht hat. Amerikaner, die ihr Geld ohne Wissen der Behörden ins Ausland gebracht haben, können mit Straffreiheit rechnen, solange sie bis 23. September Auskunft darüber geben, wer ihnen bei ihrer Steuerflucht geholfen hat. Das Angebot stößt auf reges Interesse, offenbar weil Steuersparer nach dem harten Vorgehen der IRS gegen die UBS und ihre Kunden verunsichert sind.

Noch wirft die US-Behörde anderen Schweizer Banken nichts vor. Steuerexperten verweisen darauf, dass die Erwähnung einer Bank gegenüber der Steuerbehörde allein nicht auf ein Fehlverhalten schließen lässt. Banken wissen oft nicht, ob ihre Kunden ihr Vermögen den Steuerbehörden anderer Länder melden.

Steuerstreit schon seit Monaten ein Thema

Erst wenn die Bank dem Kunden aktiv bei der Steuerhinterziehung helfe, mache sie sich strafbar. Nach Informationen des Wall Street Journals haben die USA den UBS-Fall aber von Anfang an als Instrument betrachtet, um der zwielichtigen Vermögensberatung durch Schweizer Banken insgesamt ein Ende zu setzten.

Der Steuerstreit zwischen UBS und IRS beschäftigt beide Länder seit Monaten. Er teilt sich in ein Zivil- und ein Strafverfahren. Letzteres ging am Dienstag in eine neue Runde, als das US-Justizministerium meldete, mehr als 150 amerikanische UBS-Kunden wegen Steuerflucht vor Gericht bringen zu wollen.

Die Anklage stützt auf Daten, die die UBS schon im Februar freigegeben hat, und die weitreichenden Aussagen des ehemaligen UBS-Bankiers Bradley Birkenfeld, der gestanden hat, Steuerflüchtlingen geholfen zu haben.

Bei der zivilgerichtlichen Auseinandersetzung zwischen IRS und UBS ging es zunächst um die Herausgabe von Daten über 52 000 Kontoinhaber, die 15 Milliarden Dollar am US-Fiskus vorbeigeschleust haben sollen. Dahinter aber verbarg sich nichts weniger als der Konflikt zwischen den Rechtsordnungen zweier Staaten.

Gefahr des Ruins

Die Schweiz befürchtete einen Eingriff in ihre staatliche Souveränität - und die UBS fand sich in einer ausweglosen Lage wieder. Hätte die UBS die Anweisungen zur Datenfreigabe befolgt, hätte sie sich unter Schweizer Recht strafbar gemacht, unter anderem wegen Verletzung des Bankgeheimnisses. Hätte sie sich aber der Kooperation mit der IRS verweigert, hätten sie Bußgeldforderungen der Amerikaner in den Ruin treiben können.

Erst als beide Regierungen direkt verhandelten, konnte der Streit gelöst werden. Die USA verzichten auf eine Klage und setzen stattdessen auf das international übliche Amtshilfe-Verfahren. Im Gegenzug gibt die Schweiz die Daten über UBS-Kunden frei.

Die Schweizer Regierung nannte das einem "Sondereffort", doch Schadensbegrenzung war alles, was die Schweizer gegenüber den USA durchsetzen konnten. Zumal gut möglich ist, schon bald ein neuer Sondereffort nötig sein wird - dann zur Rettung von Credit Suisse, Julius Baer und Co.

© SZ vom 20.08.2009/pak - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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