Urteile:Floskeln mit Folgen

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Bei alten Häusern sollte man genau hinschauen, bevor man sich zum Kauf entschließt. (Foto: Jan Woitas/dpa)

Wer ein altes Haus kauft, sollte sich nicht auf die Versprechen des Verkäufers verlassen. Und: Mieter sollten nicht vorschnell die Miete mindern - sonst droht die Kündigung. Aktuelle Urteile aus dem Miet- und Immobilienrecht.

Alles Werbung: Käufer von Immobilien sollten sich nicht von schillernden Beschreibungen in Angeboten blenden lassen. Das zeigt ein Urteil des Oberlandesgerichts Dresden, wie die Zeitschrift NJW-Spezial (Heft 9, 2020) berichtet. In dem verhandelten Fall hatte ein Hauseigentümer seine Immobilie verkauft und dabei Sachmängelansprüche ausgeschlossen. Das Gebäude war 1920 erbaut und im Kaufvertrag als sanierungsbedürftig beschrieben worden. Im Exposé hieß es aber, das Haus sei "mit wenigen Handgriffen bereit, neue Besitzer zu beherbergen". Nach dem Verkauf stellte sich heraus, dass es nicht nur weniger Handgriffe, sondern einer grundlegenden Sanierung bedurfte. Der Käufer zog vor Gericht und machte Gewährleistungsansprüche geltend.

Ohne Erfolg: Die Angaben im Exposé stellten keine "Beschaffenheitsgarantie" hinsichtlich des Wohn- und Sanierungszustandes des Hauses dar, fand das Gericht. Die Aussagen könnten vielmehr als inhaltsleere Floskel verstanden werden. Dass das Gebäude mit wenigen Handgriffen bereit sei, neue Besitzer zu beherbergen, sei auch richtig - der Verkäufer habe das Objekt ja bis zur Übergabe bewohnt. Da auch Arglist hier nicht in Betracht kam, musste der Käufer die Sanierungskosten alleine tragen. (Az.: 4 U 2183/19)

Papierloses Büro: Auch wenn Vermieter ihr Büro digital organisieren, müssen sie Mietern bestimmte Dokumente zugänglich machen können. Und zwar - soweit verfügbar - im Original, befand das Landgericht Hamburg, wie die Zeitschrift NJW-Spezial (Heft 8/2020) berichtet. In dem Fall wollte eine Mieterin die Nebenkostenabrechnung überprüfen und verlangte Einsicht in die Originalbelege. Die Vermieterin verweigerte das und führte ihr papierloses Büro als Begründung an. Ihre Originale bestünden aus gescannten Dokumenten, zudem handele es sich um digital bei ihrem Dienstleister gespeicherte Dateien. Belege in Papierform vernichte sie in der Regel drei Monate nach dem Scan. Das Landgericht entschied: Grundsätzlich habe ein Mieter einen Anspruch auf Einsicht in die Originalbelege. Die Vermieterin müsse also die Belege vorlegen, die noch im Original vorhanden seien. Ansonsten müsse sie Ausdrucke gescannter Originale vorlegen. (Az.: 401 HKO 56/18)

Mietminderung : Hat eine Wohnung Mängel, können Mieter die Miete mindern. Zahlen Mieter aber weniger, ohne dass sich der behauptete Mangel später bestätigt, kann eine Wohnungskündigung gerechtfertigt sein. Das entschied das Landgericht Berlin, wie die Zeitschrift Das Grundeigentum (Nr. 6/2020) des Eigentümerverbandes Haus & Grund Berlin berichtet. In dem Fall hatte sich eine Mieterin über Lärm beklagt. Sie zahlte daraufhin ein Jahr lang ein Viertel weniger. Die Vermieterin reagierte mit eigenen Messungen auf die Mängelanzeige, konnte aber keinen Mangel feststellen. Sie kündigte das Mietverhältnis fristlos, hilfsweise fristgemäß wegen Zahlungsverzugs. Mit Erfolg. Die Mieterin konnte sich nach Ansicht der Richter nicht auf einen zu entschuldigenden Rechtsirrtum berufen. Sie habe fahrlässig gehandelt, weil sie ihre Miete sofort herabsetzte statt bis zur Klärung der Frage unter Vorbehalt zu zahlen. (Az.: 65 S 73/19.)

Ferienwohnung und Eigenbedarf: Vermieter dürfen Mietern in der Regel nur bei einem berechtigten Interesse kündigen, etwa wegen Eigenbedarfs. Voraussetzung ist hier, dass der Vermieter die Wohnung für sich, ein Familienmitglied oder Angehörige seines Haushalts benötigt, erklärt der Deutsche Mieterbund (DMB). Der Bundesgerichtshof (BGH VIII ZR 186/17) hat hierzu entschieden: Auch die geplante Nutzung der gekündigten Wohnung als Ferienwohnung könne Eigenbedarf sein. Entscheidend sei, ob der Eigennutzungswunsch ernsthaft verfolgt werde und vernünftige und nachvollziehbare Gründe vorlägen. Auch ein zeitlich begrenzter Bedarf an der Wohnung könne Eigenbedarf sein, eine Mindestnutzungsdauer gebe es nicht.

Kündigt der Vermieter wegen Eigenbedarfs, um die Wohnung als Zweitwohnung zu nutzen, muss das Kündigungsschreiben laut Landgericht Berlin Angaben zum Grund, zur Dauer und zur Intensität der beabsichtigen Nutzung enthalten. Die schlichte Mitteilung, dass der Vermieter die Wohnung "für notwendige Aufenthalte als Zweitwohnung" nutzen will, reicht nicht aus. (Az.: 67 S 249/17)

Zahlungsverzug: Ein Zahlungsverzug kann eine Kündigung des Mietvertrages zur Folge haben. Allerdings ist es meist möglich, diese noch abzuwenden, wenn der Rückstand umgehend und vollständig ausgeglichen wird. Bestand das Mietverhältnis zuvor zudem viele Jahre ohne Beanstandungen, hat eine Räumungsklage keinen Erfolg, entschied das Amtsgericht Rheine. In dem Fall hatte ein Mieter zwei Monate nicht gezahlt. Der Vermieter kündigte fristlos und hilfsweise ordentlich. Das Mietverhältnis bestand zuvor 14 Jahre, ohne Probleme. Nach der Kündigung glich der Mieter die Rückstände sofort aus. In der Folgezeit zahlte er die Mieten zudem wieder pünktlich im Voraus. Der Vermieter wollte seine ordentliche Kündigung aber nicht zurücknehmen.

Die Räumungsklage blieb aber ohne Erfolg: Der Vermieter verhalte sich treuwidrig, da er trotz des Ausgleichs der Mietrückstände an der Kündigung festhalte. Es sei zu beachten, dass der Mieter bisher pünktlich bezahlt habe. Das erstmalige Fehlverhalten rechtfertige keine Kündigung. (Az.: 10 C 234/18)

© SZ vom 30.05.2020 / dpa/SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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